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05021 „Gesunde” Arbeitsraumgestaltung als Maßnahme zur Verbesserung der Arbeitsqualität und -zufriedenheit

Knapp 40 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten an Büroarbeitsplätzen – fast 17 Millionen solche Arbeitsplätze gibt es in Deutschland, darunter auch zahlreiche multifunktionale Büroarbeitsplätze in Gesundheitseinrichtungen. Die Palette der Büroarbeitsplätze reicht von völlig improvisiert, lieblos und/oder veraltet bis zu „High-End”-Ausstattungen mit allen nur denkbaren Features, um den Wohlfühlcharakter zu verstärken. Doch letztlich soll in Büros gearbeitet werden, die Mitarbeitenden sollen effizient und leistungsorientiert ihren Job erledigen können.
Dass Raum- und Arbeitsplatzgestaltung maßgeblichen Einfluss auf Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit haben, ist wissenschaftlich längst bewiesen, und doch werden – trotz normgerechter Ausführung – viele Büroarbeitsplätze in Deutschland den Zielen moderner Arbeitsanforderungen nicht gerecht.
Der Beitrag zeigt, was man wie anders oder besser machen kann, um Mitarbeitende zu entlasten, die Arbeit zu erleichtern und so letztlich Arbeitsmotivation, -qualität und -zufriedenheit zu verbessern.
von:

1 Belastungen und Beanspruchung durch Arbeitsräume und Arbeitsplätze

Ziel: Gute Arbeitsbedingungen
Unternehmerisches Handeln hat immer zum Ziel, Ressourcen nicht nur effektiv, sondern möglichst auch effizient einzusetzen. Daneben sollen – als gleichberechtigtes Ziel – gute Arbeitsbedingungen für den Gesundheitsschutz und die Sicherheit der Beschäftigten sorgen. Dafür hat der Gesetzgeber das Arbeitsschutzgesetz erlassen. Dieses Gesetz ist für alle Arbeitgeber in Deutschland verpflichtend. Auf europäischer Ebene gilt die Rahmenrichtlinie „Arbeitsschutz” 89/391/EWG.
Arbeitsschutzgesetz
Das Arbeitsschutzgesetz (§§ 5 und 3 ArbSchG) fordert:
1.
Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.
2.
Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.
3.
Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch
a)
die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes,
b)
physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
c)
die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen, sowie den Umgang damit,
d)
die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken,
e)
unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten,
f)
psychische Belastungen bei der Arbeit.
4.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.
5.
Zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten
a)
für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen sowie
b)
Vorkehrungen zu treffen, dass die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können.
6.
Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz darf der Arbeitgeber nicht den Beschäftigten auferlegen.
Um festzustellen, ob Mitarbeitende an ihren Arbeitsplätzen physischen oder psychischen Belastungen oder gar Gefährdungen ausgesetzt sind, sind Gefährdungsbeurteilungen hinsichtlich sowohl physischer als auch psychischer Faktoren für die Arbeitgebenden verpflichtend.
Gefährdungsbeurteilung ist Pflicht
Die Gefährdungsbeurteilung muss alle infrage kommenden Gefährdungen erfassen, untersuchen und beurteilen. Eine Gefährdung kann sich insbesondere aus den Ursachen ergeben, die in § 5 Abs. 3 ArbSchG aufgeführt sind. Eine Gefährdung kann sich ferner aber auch aus den Ursachen ergeben, die in den auf der Grundlage des § 18 ArbSchG erlassenen Verordnungen aufgeführt sind, zurzeit insbesondere
§ 3 Arbeitsstättenverordnung,
§ 3 Betriebssicherheitsverordnung,
§ 4 Biostoffverordnung,
§ 6 Gefahrstoffverordnung,
§ 3 Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung
§ 3 Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung,
§ 2 Lastenhandhabungsverordnung.
Eine Gefährdung kann sich ferner aus den Ursachen ergeben, die in den auf der Grundlage des § 15 SGB VII erlassenen Unfallverhütungsvorschriften aufgeführt sind.
Elf Gefährdungsgruppen
Es werden insgesamt elf Gefährdungsgruppen unterschieden:
Mechanische Gefährdungen
Elektrische Gefährdungen
Gefahrstoffe
Biologische Gefährdungen
Brand- und Explosionsgefährdungen
Thermische Gefährdungen
Gefährdungen durch spezielle physikalische Einwirkungen
Gefährdungen durch Arbeitsumgebungsbedingungen
Physische Belastung
Psychische Belastung
Sonstige Belastung
Soweit die rechtliche Lage. Aber wie kann man in der Praxis Arbeitsplätze – in diesem Beitrag soll es ausschließlich um Büroarbeitsplätze gehen – so gestalten, dass von ihnen keine Gesundheitsgefahren oder gar -beeinträchtigungen ausgehen und sie im besten Fall positive Auswirkungen auf die Arbeitsmotivation und -zufriedenheit der Mitarbeitenden haben? Da per definitionem das Ausmaß physischer Belastungen und Gefahren an Büroarbeitsplätzen im Vergleich beispielsweise zu Produktion oder Dienstleistung geringer ist, wird es im Folgenden insbesondere um psychische und in geringerem Maße auch physische Belastungen und Gefährdungen und deren Reduktion, im Idealfall sogar Eliminierung gehen.

2 Büro- und Arbeitsraumgestaltung heute

Massive Veränderungen der Arbeitswelt
Die massiven Veränderungen in der Arbeitswelt – organisatorisch, inhaltlich, technologisch, sozial – führen dazu, dass viele Aufgaben in Organisationen nicht mehr von Individuen, sondern von Projektgruppen, Teams, wechselnden Zusammenstellungen von Mitarbeitenden (die zum Teil auch noch über einen unterschiedlichen Arbeitsstatus – fest angestellt, befristet angestellt, freie Tätigkeit – verfügen) bewältigt werden. Hinzu kommt die in der Coronapandemie erheblich beschleunigte Tendenz zum mobilen Arbeiten, die an sich schon ein Gefährdungsfaktor sein kann, z. B. aufgrund sehr unterschiedlich ausgestatteter Arbeitsplätze, unterschiedlicher technischer Gegebenheiten oder aber auch allein aufgrund der Tatsache, dass mobile Arbeit in privaten Räumlichkeiten erbracht wird. Dort sind Vorschriften des Brandschutzes, der Ergonomie am Arbeitsplatz oder auch der ersten Hilfe mitunter schwieriger umzusetzen und zu überprüfen als in Geschäftsräumen. Prognosen sagen voraus, dass dieser Trend sich fortsetzen wird und dass im Mittelpunkt zukünftiger Bürotätigkeiten noch mehr als heute schon nicht mehr das Erledigen von Routinearbeiten steht (nicht zuletzt die künstliche Intelligenz wird in dieser Hinsicht künftig für völlig neue Arbeitsverteilungen sorgen), sondern eine komplexe Wissensverarbeitung, das Agieren in virtuellen Netzwerken und das Arbeiten in Teams.
Flexibilität und Mobilität als Schlüsselkompetenzen
Teams in Organisationen erleben heute sich drastisch verändernde Rahmenbedingungen für ihre Arbeit. Die schnelle Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien sowie zunehmend globale Märkte sind nur zwei von vielen Aspekten, die die Unternehmen von heute nachhaltig verändern. In der Coronapandemie hat das mobile Arbeiten massiv an Bedeutung gewonnen, die mit dem Ende der Pandemie nicht zurückgegangen ist. Flexibilität und Mobilität sind Schlüsselkompetenzen dieser Arbeitswelt – und sie drücken sich zunehmend auch in der Gestaltung der Arbeitsumgebungen von Teams und ganzen Abteilungen aus. Menschen arbeiten heute in immer wieder anders zusammengesetzten Teams, die sowohl räumlich als auch zeitlich flexibel sein müssen, da häufig gar nicht alle Teammitglieder zur selben Zeit am selben Ort arbeiten.
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