-- WEBONDISK OK --

09002 Pareto-Diagramm im Arbeitsschutz

Das Pareto-Diagramm ist ein Instrument zur Fehleranalyse. Es sortiert Fehler bzw. Probleme nach deren Relevanz in absteigender Reihenfolge und stellt sie als Balkendiagramm zusammen mit der Summenkurve ihrer Bedeutung dar. Die Darstellung hilft, sich auf die wesentlichen Handlungsfelder zu konzentrieren und so den Arbeitsschutz mit wenigen Maßnahmen deutlich zu verbessern.
Dieser Beitrag stellt Ihnen das Pareto-Diagramm detailliert vor. Sie lernen die grundlegenden Schritte zu seiner Erstellung kennen. Ein durchgängiges Beispiel illustriert dabei die Umsetzung.
Arbeitshilfen:
von:

1 Ziel und Kurzbeschreibung

Kurzbeschreibung
Das Pareto-Diagramm geht auf den italienischen Nationalökonom Vilfredo Pareto und dessen 80/20-Regel zurück. Nach dieser Regel werden 80 % der Auswirkungen durch lediglich 20 % der Ursachen hervorgerufen. Das Pareto-Diagramm macht diese besonders beachtenswerten 20 % Ursachen sichtbar.
Dazu werden die unterschiedlichen Ursachen bzw. Fehler mit der Häufigkeit ihres Auftretens erfasst, gegebenenfalls mit den von ihnen verursachten Kosten gewichtet und anschließend in Zahlen- bzw. wertmäßig absteigender Reihenfolge sortiert.
Die Fehler lassen sich nun in dieser Sortierung in ein Diagramm übertragen: Zunächst wird je Fehler durch einen Balken die Häufigkeit seines Auftretens bzw. seine Kostenwirkung dargestellt. Weiter links im Diagramm stehende Fehler sind bedeutsamer als die rechts genannten.
Die Darstellung wird durch eine Summenkurve ergänzt. Diese entsteht, indem man die prozentuale Bedeutung jedes Fehlers zur Gesamtbedeutung kumuliert und die Werte einzeichnet.
Ziel
Das Pareto-Diagramm wird angefertigt, um Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Es hilft, sich auf die wesentlichen Ursachen für ein Arbeitsschutzproblem oder ein allgemeines Qualitätsanliegen und dessen Auswirkungen zu konzentrieren.
Anwendungsgebiet
Anwendungsfälle für das Pareto-Diagramm sind:
Erkennen der Wichtigkeit einzelner Ursachen und Identifikation wesentlicher Ansatzpunkte.
Festlegung von Prioritäten für weitere Maßnahmen.
Im Zusammenwirken mit den anderen Instrumenten aus dem Verbund der sieben grundlegenden Qualitätswerkzeuge (Q7) wird das Pareto-Diagramm zur Fehleranalyse verwendet.
Synonyme
Das Pareto-Diagramm ist ein generelles Werkzeug, das unter anderem im Qualitätsmanagement sowie bei jeder Art von Verbesserungsprojekten eingesetzt wird. In den Bereichen Logistik und Materialwirtschaft hat sich eine Sonderform entwickelt, die man als ABC-Analyse bezeichnet.

2 Durchführung anhand eines Beispiels

Die Erstellung eines Pareto-Diagramms verläuft in klar abgegrenzten Schritten: Zunächst werden die Daten erhoben. In einem zweiten Schritt werden sie aufbereitet. Dazu werden sie eventuell mit Kosten gewichtet und dann absteigend sortiert. Im folgenden Schritt wird die relative Bedeutung der Fehler ermittelt, damit anschließend im vierten Schritt das Diagramm mit seinen Balken und der Summenkurve gezeichnet werden kann. Der letzte Schritt besteht aus der Klassifizierung von wesentlichen und weniger wichtigen Ursachen.
Beispiel: Untersuchung von Near-Miss-Ereignissen
Die folgenden Ausführungen werden an einem durchgängigen Beispiel illustriert. Es geht dabei um eine Untersuchung von sog. „Near-Miss”-Ereignissen. Als „Near Miss” bezeichnet man „Beinahe-Unfälle”. Dies sind im Sinne des Arbeitsschutzes grundsätzlich gefährliche Situationen, die jedoch durch Glück und Geschick gerade noch einmal gut gehen.
Dennoch sind diese Beinahe-Unfälle problematisch: Dahinter steht die Erkenntnis, dass schwerwiegende Arbeitsunfälle nicht spontan passieren, sondern eine Vorgeschichte haben. Einem schweren, oftmals tödlichen Unfall gehen ca. 30 weniger schwerwiegende und diesen wiederum ca. 300 leichte Unfälle voraus. Die leichten Unfälle sind das Resultat von etwa 3.000 Beinahe-Unfällen. Ihrerseits werden sie von ca. 30.000 Einzelereignissen verursacht. Abbildung 1 zeigt „Near-Miss”-Ereignisse in Form einer Pyramide
Abb. 1: Unfall-Pyramide
Es entsteht eine logische Kette, in der die Reduktion der Beinahe-Unfälle durch Elimination der ursächlichen Einzelereignisse ein folgerichtiger Ansatzpunkt zur Vermeidung schwerster Unfälle ist. Das Pareto-Diagramm wird in diesem Beispiel genutzt, um wichtige Ursachen für die Beinahe-Unfälle zu identifizieren.

2.1 Datenherkunft

Fehlersammelkarte
Die Ausgangsdaten für das Diagramm können beispielsweise einer Fehlersammelkarte entnommen werden. Dieses Instrument zur Fehlererfassung notiert alle Fehler mit der Häufigkeit ihres Auftretens und stellt damit eine ideale Quelle für die Datenherkunft dar.
Andere Quellen
Neben der Fehlersammelkarte eignen sich auch alle anderen Datenquellen, die eine Einteilung des Grundproblems in verschiedene Kategorien ermöglichen und diesen die jeweilige Häufigkeit zuweisen. Zu denken ist dabei an die Protokolle von Begehungen, Gefährdungsbeurteilungen, Arbeitsschutzausschüssen und Sicherheitssitzungen, die sich hinsichtlich der Fehler auswerten lassen.
Genaue Regeln
Werden die grundlegenden Daten aus den genannten anderen Quellen erhoben, ist für diese Form der Sekundärerhebung genau zu regeln, wie Fehler einzelnen Kategorien zugeordnet werden. Es ist wichtig, dass alle an der Erhebung beteiligten Personen ein identisches Verständnis der Fehlerkategorien besitzen. Nur so kann die Objektivität der Daten gewährleistet werden.
Anzahl Kategorien
Über eine „richtige” Anzahl von Kategorien (Gefährdungsfaktoren, Gefahrstoffen usw.) kann keine generelle Aussage getroffen werden. Ziel des Pareto-Diagramms ist es, die wesentlichen Kategorien zu identifizieren. Daher zeigt die Anwendung erst ab einer Untergrenze von sieben bis zehn Kategorien den Nutzen der Technik. Eine praktische Obergrenze liegt wegen der zunehmenden Unübersichtlichkeit des Diagramms bei ca. 30 Kategorien. Sollten mehr Kategorien vorliegen, ist deren weitere Gruppierung und Verdichtung zu überlegen.
Near-Miss-Ereignisse erfassen
Für die Anwendung des Pareto-Diagramms auf die Ursachen von Beinahe-Unfällen ist zunächst eine Schwierigkeit zu lösen: Beinahe-Unfälle sind eben keine Unfälle, das heißt, sie werden weder im Verbandbuch noch in den Statistiken erfasst. Oft wird von Near-Miss-Ereignissen nur mündlich berichtet.
Für das Beispiel in diesem Beitrag sollen Beinahe-Unfälle durch Stolpern, Ausrutschen und Hinfallen im Produktionsbereich untersucht werden. Der Sicherheitsbeauftragte ist auf diese Verletzungsauslöser aufmerksam geworden, da ein Mitarbeiter einen Oberschenkelhalsbruch infolge eines Sturzes erlitten hat. Der Sicherheitsbeauftragte entwirft eine Fehlersammelkarte, in die er Gründe für ein Ausrutschen und Stolpern einträgt. Bei einem Teammeeting im Produktionsbereich kommt er hinzu und erläutert den Kollegen den Hintergrund der Tabelle. Er bittet alle Mitarbeiter, in den nächsten vier Wochen nach einem derartigen Beinahe-Unfall unbedingt dessen nähere Umstände durch einen Strich oder einen ergänzenden Eintrag zu vermerken.
Die Datenerfassung für das Pareto-Diagramm ist in Tabelle 1 zu sehen.

Weiterlesen und „Arbeitsschutz besser managen digital“ 4 Wochen gratis testen:

  • Das komplette Know-how in Sachen Arbeitsschutz
  • Zugriff auf alle Fachbeiträge und Arbeitshilfen
  • Onlinezugriff – überall verfügbar


Sie haben schon ein Abonnement oder testen bereits? Hier anmelden

Ihre Anfrage wird bearbeitet.
AuthError LoginModal