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07502 Gebäuderäumungen

Neue Fluchtweglenkungssysteme verbessern die Sicherheit

Die Selbstrettung im Rahmen der Gebäudeevakuierung kann durch die neuen Methoden der Dynamischen und der Adaptiven Fluchtweglenkung entscheidend verbessert werden. Der Beitrag stellt die Vorteile der neuen Fluchtweglenkungssysteme im Vergleich zur konventionellen Fluchtweglenkung (Aktive/Statische Fluchtweglenkung) vor und zeigt, warum die Dynamische und besonders die (bislang weitgehend nur als theoretisches Konzept existierende) Adaptive Fluchtweglenkung für Unternehmen mit besonders heterogenen Arbeitsbelegschaften (insbesondere ältere Beschäftigte sowie Menschen mit körperlichen Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen) die Ideallösung für eine schnelle und sichere Selbstrettung sowie eine möglichst umfassende Gebäuderäumung bilden könnten. Abschließend widmet sich ein Abschnitt speziell einigen baulichen Voraussetzungen für die Evakuierung von Menschen mit Behinderungen (Fremd- und Selbstrettung).
von:

1 Herausforderungen für den modernen Brandschutz

Das Risiko- und Brandschutzmanagement von Gebäuden entwickelt sich analog zur wachsenden Gefahrenlage in der modernen und globalisierten Welt rasant. Die zunehmende Zahl an diversen Sicherheitsbedrohungen (terroristisch, kriminell, militärisch, klimabedingt etc.) zwingt Betriebe und Eigentümer von Firmengebäuden dazu, ihre Sicherheits- und Brandschutzkonzepte neu zu konzipieren.
Neue Schutz- und Evakuierungskonzepte notwendig
Dies gilt vor allem für die Evakuierung der Belegschaften, die heterogener geworden sind, als es in der Vergangenheit der Fall war, und vermehrt Personengruppen umfassen, die fremdgerettet werden müssen oder deren Selbstrettung sich schwieriger gestaltet – so vor allem ältere Beschäftigte und Personen mit körperlichen Behinderungen oder Beeinträchtigungen. In einer Notsituation können Panik und plötzliche Änderungen der Gefahrensituation dazu führen, dass es zu Verzögerungen während der Evakuierung kommt oder aber die Betroffenen falsche Wege benutzen und sich damit noch größeren Risiken aussetzen. Dies ist bereits bei körperlich gesunden Menschen in den Altersgruppen zwischen 20 und 60 eine Herausforderung, bei den oben genannten Personengruppen aber umso mehr. Evakuierungskonzepte und -technologien müssen daher angewandt oder entwickelt werden, die besser an unterschiedliche Gefahrensituationen und die Anforderungen und Bedürfnisse sehr unterschiedlicher Personengruppen angepasst werden können.
Es handelt sich sowohl um die „Dynamische Fluchtweglenkung” als auch um deren Weiterentwicklung, die „Adaptive Fluchtweglenkung” [1].
Für Evakuierung bleiben nur zehn Minuten!
Bei der Evakuierung von Gebäuden im Brandfall muss schnell gehandelt werden, um möglichst alle Personen zu retten. In der Regel dürfen nicht mehr als zehn Minuten vergehen, um ein Gebäude vollständig zu räumen, sodass Verletzte oder gar Tote ausgeschlossen werden können [1] [2].
Selbstrettung hat Priorität vor Fremdrettung
Beim Eintreffen der Feuerwehr sollte die Selbstrettung bereits abgeschlossen sein. Als Selbstrettung bezeichnet man das Verlassen und In-Sicherheit-Bringen der im Gebäude befindlichen Personen aus eigener Kraft. Eine erfolgversprechende Fremdrettung ist zu dem Zeitpunkt bereits unwahrscheinlich. Daher müssen die technischen und organisatorischen Grundlagen für eine Selbstrettung der im Gebäude befindlichen Personen optimal vorbereitet sein. Die Landesbauordnungen geben daher vor, dass [2]
die Fluchtwege immer die kürzesten Fluchtwege sein müssen,
die Fluchtwege im Gefahrfall begehbar sind,
die Gefahrensituation sich nicht verändert,
und sich die Gebäudenutzer bei der Evakuierung „normgerecht” verhalten.
In der Praxis werden diese Voraussetzungen aber oft nicht (vollständig) vorgefunden.
Fluchtwege – Rettungswege: Was ist der Unterschied?
Während Fluchtwege der Selbstrettung dienen, dienen Rettungswege primär der Evakuierung von Personen, die sich nicht selbst retten können (Fremdrettung).

2 Aktive Fluchtweglenkung als konventionelle Lösung

Die in der Vergangenheit und auch heute noch zumeist angewandte Form der Evakuierung ist die sogenannte „Aktive Fluchtweglenkung”. Zur brandschutztechnischen Grundausstattung der für sie typischen Rettungswegplanung gehören die notstromversorgte Sicherheitsbeleuchtung und die Rettungswegkennzeichen, die entweder als reine Beschilderung oder als hinterleuchtete Zeichen installiert sind. Letztere werden im Gefahrenfall einmal aktiviert und sind der Grund, warum diese Form der Fluchtweglenkung den Namen „Aktive Fluchtweglenkung” verliehen bekam [1].
Aktive Fluchtweglenkung eigentlich statisch
Die Bezeichnung ist eigentlich irreführend, weil die Kennzeichen gar nicht aktiv auf eine Änderung einer Gefahrensituation reagieren können – die „Aktive” Lenkung ist daher im Grunde genommen statisch (weshalb sie manchmal so genannt wird). Die Aktive Fluchtweglenkung hat somit einige große Nachteile – einer davon: Ist die Luft infolge eines Brandes verraucht, können die an der Decke oder deckennah installierten Rettungswegkennzeichen von den Flüchtenden nur schwer oder gar nicht erkannt werden. Im schlimmsten Fall könnten die betroffenen Personen durch sie sogar in einen vom Brand besonders betroffenen Bauabschnitt geführt werden [1].
Arbeitsstättenregeln zur Fluchtwegkennzeichnung
Drei Arbeitsstättenregeln sind hinsichtlich der Kennzeichnung und Gestaltung von Fluchtwegen besonders zu beachten:
ASR A1.3: Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung
ASR A2.3: Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan
ASR A3.4: Sicherheitsbeleuchtung, optische Sicherheitssysteme

2.1 Sicherheits- und Notfallbeleuchtung

Das wichtigste Sicherheitselement der Aktiven Fluchtweglenkung (aber in der Folge auch aller weiteren Fluchtweglenkungsverfahren, wenn auch technisch angepasst) ist die Sicherheits- und Notfallbeleuchtung. Auch wenn Notfall- und Sicherheitsbeleuchtung selbst in den Regelwerken begrifflich oft synonym verwendet werden, wird Notfallbeleuchtung als Oberbegriff verwendet. Die Sicherheitsbeleuchtung ist neben der Ersatzbeleuchtung einer von zwei Teilbereichen der Notfallbeleuchtung. Eine ausreichende Beleuchtung, die alle Fluchtwege optimal ausleuchtet, ist unerlässlich. Die Installation einer ausreichenden Notfall- bzw. Sicherheitsbeleuchtung im Betrieb ist für jeden Arbeitgeber verpflichtend, weil das Arbeitsstätten- oder Baurecht dies von wenigen Ausnahmen abgesehen vorschreibt [1] [2].
Übersichtszeichnung für Betrieb verpflichtend
Von der Notfall- bzw. Sicherheitsbeleuchtung müssen die Verantwortlichen im Betrieb eine Übersichtzeichnung nach DIN VDE 0100-510 „Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 5-51: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Allgemeine Bestimmungen” erstellen. Die Prüfung der Notfallbeleuchtung kann grundsätzlich nur durch eine befähigte Person durchgeführt werden. Die Notbeleuchtung wird mittels Einzelbatterien, Gruppenbatterien, Zentralbatterien, Notstromaggregaten oder gesonderten gesicherten Netzen mit Energie versorgt.
Ersatzbeleuchtung
Die Ersatzbeleuchtung garantiert, dass in besonders sicherheitssensiblen Arbeitsbereichen, zum Beispiel in den Leitständen von Kraftwerken, die Beleuchtung auch in Notfällen weiter funktioniert. Sie weist daher in der Regel die gleiche Beleuchtungsstärke auf wie die allgemeine Beleuchtungsanlage.
Sicherheitsbeleuchtung
Die Sicherheitsbeleuchtung dagegen ist der Teil der Notbeleuchtung, der Personen das gefahrlose Verlassen eines Gebäudes ermöglicht. Die Sicherheitsbeleuchtung gliedert sich wiederum in vier Bereiche:
Sicherheitsbeleuchtung für Rettungswege
Sicherheitszeichen
Antipanikbeleuchtung
Sicherheitsbeleuchtung für Bereiche mit besonderer Gefährdung
Es stehen viele Varianten von Sicherheitsleuchten für Fluchtwege und Orte mit großem Sicherheitsrisiko auf dem Markt zur Verfügung, von der Standard-Sicherheitsleuchte in Kastenform bis hin zu dezent designten, multifunktionalen LED-Sicherheitsleuchten. Standard-Sicherheitsleuchten werden in der Regel als Aufputzinstallation angebracht. Von den multifunktionalen Sicherheitsleuchten gibt es sowohl Einbau- als auch Aufbauvarianten. Sie werden für das Ausleuchten von Rettungswegen und auch für Anti-Panik-Beleuchtung in offenen Bereichen verwendet. Sie verteilen das Licht besser und verbrauchen weniger Strom als herkömmliche Leuchten, zum Beispiel Leuchtstoffröhren. Mit entsprechenden Vorschaltgeräten lassen sich allgemeine LED-Beleuchtungssysteme zu Notbeleuchtungssystemen umrüsten. [1] [2].

2.2 Erster und zweiter Fluchtweg

Eine weitere Grundlage der Aktiven Fluchtweglenkung wie auch aller anderen Fluchtweglenkungen ist das Konzept der ersten und zweiten Fluchtwege [2]. Die Landesbauordnungen fordern einen baulich gegebenen, sogenannten ersten Fluchtweg für jede Nutzungseinheit. Je nach Personenzahl und der individuellen Situation einzelner Personen (zum Beispiel Menschen mit Behinderung) bestehen strengere Auflagen. Der erste Fluchtweg ist davon anhängig, welcher Gebäudeklasse (meist 1 bis 5 und ggf. Sonderbau) ein Gebäude zugerechnet wird: Je höher die Gebäudeklasse, desto größer und höher ist das Gebäude, und es gibt weitere oder gar individuell festgelegte Anforderungen an die Flurwände, Treppenhäuser etc. Der erste Fluchtweg ist immer baulich gefordert und verläuft fast immer von jeder Raumstelle so, wie man hingekommen ist. Diese Anforderung kann es ebenfalls an den zweiten Fluchtweg geben, und zwar immer dann, wenn besonders viele Menschen anwesend sind.

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