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04901 Schutz vor Strahlung künstlicher Quellen im Betrieb

Optische Strahlung künstlicher Quellen kommt im Betrieb immer vor. Der Beitrag gibt einen Überblick über das Vorkommen, die Gefährdungsbeurteilung und wirksame Schutzmaßnahmen. Er zeigt, wie selbstverständlich Menschen oft mit Gefährdungen leben und warum gerade bei Erkrankungen mit langer Latenzzeit konsequenter Schutz vonnöten ist, der gleichermaßen anzuwenden und wenig störend ist. Zudem wird beschrieben, wie eine Zukunft in Bezug auf persönliche Schutzmaßnahmen aussehen könnte. Es wird darauf eingegangen, welche Rollen im Unternehmen übernommen werden müssen und wo möglicherweise externe professionelle Unterstützung notwendig ist.
von:

1 Einleitung

Optische Strahlung – immer und überall
Der Arbeitsschutz ist so komplex wie die Arbeitswelt selbst. Schwerpunkte in der Wahrnehmung bei Unternehmern wie Beschäftigten werden aber oft durch neueste technische Entwicklungen – wie künstliche Intelligenz – gesetzt. „Klassische” oder „ubiquitäre” Gefährdungen, die es schon immer gegeben hat, sinken unter die Aufmerksamkeitsschwelle. Dies ist ein Problem, da sich auch altbekannte Gefährdungen mit sich ändernden Verfahren und Arbeitsabläufen ändern können.
Das gilt besonders auch für Strahlung. Doch um welche Strahlung handelt es sich? Ionisierende Strahlung, die beispielsweise bei Kernspaltungsprozessen entsteht oder als natürliche Strahlung „aus dem Boden kommt” (Radon in Kellern), ist weithin bekannt – und gefürchtet. Dementsprechend gibt es in dem Bereich viele Regularien und im betrieblichen Umfeld viele Überwachungsmechanismen. Anders sieht dies jedoch bei der sogenannten optischen Strahlung aus. Optische Strahlung vereint als Oberbegriff die UV-Strahlung, die sichtbare Strahlung („Licht”) und die infrarote Strahlung („Wärmestrahlung”). Sie ist eine physikalische Einwirkung, der wir zu jeder Zeit ausgesetzt sind. Dies kann zum einen durch natürliche Quellen wie die Sonne, aber auch durch künstliche Quellen geschehen. Bei der Anwendung von Arbeitsmitteln mit Emissionen von optischer Strahlung künstlicher Quellen – die synonym auch oft künstliche optische Strahlung genannt wird – im Arbeitsprozess können prinzipiell zweierlei Fälle unterschieden werden: Auf der einen Seite gibt es Prozesse, bei denen die optische Strahlung für den Prozess benötigt wird (z. B. UV-Kleben, Desinfektion), auf der anderen Seite entsteht sie als Nebenprodukt eines Prozesses (z. B. Schweißlichtbögen, Hitzeemission einer Metallschmelze).
Präziser formuliert handelt es sich um inkohärente optische Strahlung, von der in diesem Beitrag die Rede sein wird. Diese wird definiert als jede elektromagnetische Strahlung im genau definierten Wellenlängenbereich, die nicht Laserstrahlung ist.
Laserstrahlung
Auch die Laserstrahlung gehört zur optischen Strahlung. Sie ist aber in der Betrachtung – auch regulatorisch – ein Sonderfall, denn sie wird nur zu bestimmten Zwecken erzeugt und entsteht nicht spontan. Laserstrahlung unterscheidet sich von der Strahlung anderer künstlicher Strahlungsquellen, zum Beispiel LED, Lampen oder auch einer Metallschmelze. Die Unterscheidungskriterien sind Kohärenz, Monochromasie, Parallelität und hohe Bestrahlungsstärke. Der technische Arbeitsschutz ist streng geregelt und wird in eigenen Vorschriften und Normen behandelt, die auch die verwendeten Laser in verschiedene Klassen einteilen. Für den Einsatz im Betrieb sind je nach Laserklasse besondere Personen zu bestellen, die sogenannten Laserschutzbeauftragten, die ihre Qualifikation durch eine Schulung mit bestandenem Abschlusstest nachweisen müssen. Eine solche Person ist für Fragestellungen der inkohärenten optischen Strahlung nicht gefordert.
Lasergeräte und -werkzeuge sind in der heutigen Zeit nicht mehr aus Fertigungsprozessen wegzudenken. Sie decken eine große Bandbreite ab, die vom Schneiden, Gravieren oder Markieren über Bohren, Schweißen und Wärmebehandlung bis hin zur additiven Fertigung beispielsweise im 3D-Druck reicht. Gerade in Letzterem ist auch die „Laser Metal Fusion” mit inbegriffen, bei der ein Werkstück Stück für Stück in einem Pulverbett aufgebaut wird. Dafür schmilzt ein Laser das metallische Pulver an genau per CAD vordefinierten Stellen zu Materialschichten um.
Unterschied natürliche und künstliche Strahlung
Man wundert sich vielleicht, warum es eine Unterscheidung zwischen Strahlung natürlicher und künstlicher Quellen gibt. Dafür gibt es auch keinen physikalischen Grund, denn die Fotonen der Strahlung sind nicht unterscheidbar. Der Historie kann man entnehmen, dass man diese Unterscheidung nur deshalb entwickelt hat, weil es einen Unterschied hinsichtlich der spektralen Zusammensetzung gibt. Zusätzlich wurde argumentiert, dass die Sonne als wesentliche natürliche Strahlungsquelle schon immer da war und daher zunächst nicht berücksichtigt werden muss, wogegen technische Anwendungen neu sind, der menschliche Körper schlecht adaptiert sei und die Bestrahlungsstärken viel höher seien. „Künstlich” kann man in diesem Zusammenhang mit dem Ausdruck „vom Menschen gemacht” umschreiben.
In der Folge entwickelten sich sowohl Prävention als auch das Berufskrankheitengeschehen in beiden „Teilbereichen” unabhängig voneinander und bauten sogar teilweise Paradoxien auf. So gibt es im Bereich der optischen Strahlung künstlicher Quellen Expositionsgrenzwerte und klare gesetzliche Vorschriften (OStrV [1], TROS IOS [2]), allerdings keine anerkennungsfähige Berufskrankheit. Diese gibt es wiederum im Bereich der natürlichen UV-Strahlung (BK-Nr. 5103), es fehlen allerdings Expositionsgrenzwerte und klare gesetzliche Vorschriften, die darauf Bezug nehmen.

2 Physik, Gesetz und Expositionsgrenzwerte – der Rahmen

Physikalische Einwirkungen
Optische Strahlung gehört zu den physikalischen Einwirkungen, zu denen auch Lärm (Hörschall), Vibrationen, ionisierende Strahlung, elektromagnetische Felder und in manchen Definitionen auch das Klima gehören. Sowohl in der Gefährdungsbeurteilung als auch in der Prävention im Allgemeinen haben die physikalischen Gefährdungen einen hohen Stellenwert, denn sie treten bei der Arbeit in großem Maße und weit verbreitet auf.
Physikalische Einwirkungen können Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit akut beeinträchtigen. Hinzu kommt, dass es je nach Dosis auch zu gesundheitsschädigenden, krankheitsauslösenden Wirkungen kommen kann, die dann chronischer Natur sein können. Optische Strahlung aus künstlichen oder natürlichen Quellen gefährdet vor allem die Haut und die Augen.
Europäische Arbeitsschutzrahmengesetzgebung
Der Arbeitsschutz der Mitgliedstaaten der Europäischen Union liegt in den Händen der Einzelstaaten, die für die Umsetzung etwaiger Gesetzte und Verordnungen sorgen müssen. So gibt die Europäische Union oftmals einen Rahmen und Mindestvorschriften vor, die dann den Grundsockel des Arbeitsschutzes EU-weit definieren. Jeder Mitgliedstaat kann darüber hinausgehen und verschärftere Regeln erlassen, eine Aufweichung oder ein Unterschreiten des Niveaus der EU-Gesetzgebung ist nicht erlaubt.
Die Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG [3] definiert Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsnehmersicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit mit dem Ziel, die Zahl der Arbeitsunfälle und der berufsbedingten Erkrankungen zu verringern. Zentral ist dabei die Einführung der Gefährdungsbeurteilung und anderer allgemeiner Anforderungen; allerdings werden keine spezifischen Regeln bezüglich bestimmter Noxen (wie optischer Strahlung) fixiert. Dazu bedient man sich 20 weiterer Einzelrichtlinien, die sich beispielsweise auf spezielle Arbeitsmittel, Arbeitsbereiche oder Einwirkungen beziehen. So befasst sich die Richtlinie 2006/25/EG [4] mit der künstlichen optischen Strahlung.

2.1 Physik und biologische Wirkung optischer Strahlung

Das elektromagnetische Spektrum
Optische Strahlung ist jede elektromagnetische Strahlung im Wellenlängenbereich von 100 nm bis 1 mm. Sie umfasst die UV-Strahlung (100 nm bis 400 nm), die sichtbare Strahlung („Licht”, 400 nm bis 780 nm) und die Infrarotstrahlung (780 nm bis 1 mm). Der Energiegehalt einer Welle und damit ihre Fähigkeit, Wirkungen zu erzeugen, hängt von der Wellenlänge ab. Je kürzer die Wellenlänge, desto größer die Energie. Dementsprechend hat UV-Strahlung die größte Energie im Bereich der optischen Strahlung und IR-Strahlung die geringste. Abbildung 1 zeigt die Lage der verschiedenen Wellenlängenbereiche im elektromagnetischen Spektrum.

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