04225 Methoden der Expositionsermittlung
Möglichkeiten und Grenzen
Das Arbeitsschutzgesetz setzt EU-Richtlinien zur Sicherheit und Gesundheit von Arbeitnehmern bei der Arbeit in deutsches Recht um. Es verpflichtet Arbeitgeber zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung, in deren Rahmen auch potenzielle Expositionen gegenüber gefährlichen Stoffen zu ermitteln sind. Dazu regelt die Gefahrstoffverordnung genauer die einzelnen Aufgaben und Pflichten des Arbeitgebers. Der vorliegende Beitrag beschreibt Methoden zur Ermittlung von inhalativen und dermalen Expositionsrisiken im Zusammenhang mit gefährlichen festen, flüssigen und gasförmigen Stoffen. von: |
1.1 Rahmenbedingungen
Grundlegende Informationen sammeln
Um die geforderte Gefährdungsbeurteilung angemessen durchführen zu können, müssen zunächst die folgenden grundlegenden Informationen gesammelt werden:
Um die geforderte Gefährdungsbeurteilung angemessen durchführen zu können, müssen zunächst die folgenden grundlegenden Informationen gesammelt werden:
• | Welche potenziell gefährlichen Stoffe werden verwendet? Welche Informationen liegen zu ihnen vor? Wo entstehen sie oder treten sie auf? Auf welchen Wegen breiten sie sich aus? |
• | Welche Arbeitnehmer sind betroffen? Handelt es sich um einzelne Personen oder Gruppen? Sind Personen an benachbarten Arbeitsplätzen mit betroffen? |
• | Welche Arbeiten/Arbeitsplätze sind betroffen? |
1.2 Ziel und Zweck der Ermittlung
Sind diese Rahmenbedingungen geklärt, muss man der Frage nachgehen, welches Ziel mit der Gefährdungsanalyse verfolgt wird. Geht es zum Beispiel um ...
... | die Gewährleistung der Einhaltung bestehender Grenzwerte bzw. maximaler Konzentrationen? |
... | die Messung individueller Expositionen an bestimmten Arbeitsplätzen oder aber um die Ermittlung typischer Werte für einen oder mehrere Stoffe an vergleichbaren Arbeitsplätzen? |
... | die einmalige bzw. kurzzeitige Ermittlung von Daten oder um eine länger dauernde bzw. permanente Überwachung expositionsgefährdeter Arbeitnehmer/Arbeitsplätze? |
... | die Ermittlung aktueller Werte oder um eine Gefährdungsanalyse vergangener (historischer) bzw. geplanter zukünftiger Arbeitsplätze? |
Zu diesen Fragenkomplexen müssen möglichst detaillierte Informationen gesammelt werden, denn je genauer sie sind, desto besser können die angewendeten Methoden an die Ziele angepasst werden.
2.1 Stufenweises Vorgehen
In vielen Fällen reicht eine einfache, überschlägige Abschätzung der vermuteten Exposition aus, um entscheiden zu können, ob eine Gefährdung der Arbeitnehmer ausgeschlossen werden kann. Eine solche Entscheidung ist rein qualitativ insofern, als es nur um die Feststellung geht, ob ein Expositionsrisiko vorliegt oder nicht, aber nicht darum, wie hoch dieses Risiko möglicherweise ist oder welche Werte eine Gefahrstoffkonzentration erreicht. Das betrifft vor allem solche Fälle, in denen mögliche Expositionswerte sich schon nach einer ersten groben Einschätzung als deutlich unterhalb eines definierten Grenzwerts liegend erweisen.
Sollte eine Gefährdung aber nicht auszuschließen sein, muss man zu genaueren Verfahren greifen, die dann auch quantifizierende Elemente umfassen, also zum Beispiel Konzentrationsmessungen an betroffenen Arbeitsplätzen.
Dieses stufenweise Vorgehen, ein sogenannter „Tiered Approach”, kann auf diese Ermittlungsmethoden zurückgreifen. Dazu gehören z. B.:
1. | Expertenurteile |
2. | Die Auswertung von Literaturdaten |
3. | Gefahrstoffmessungen |
4. | Die Auswertung von Messdatenbanken |
5. | Die Verwendung kategorisierender Expositionsmodelle |
6. | Die Verwendung deterministischer Expositionsmodelle |
7. | Die Verwendung probabilistischer Expositionsmodelle |
2.2 Von der Einzelmessung zur umfassenden Risikoanalyse
Schwerpunktverschiebung aufgrund der GefStoffV
In den letzten Jahren haben sich auch aufgrund der Bestimmungen der GefStoffV die Schwerpunkte der Expositionsermittlung verschoben, und zwar weg von der Einschätzung des Gefährdungspotenzials einzelner Stoffe in konkreten Situationen und der Messung bei einzelnen Arbeitnehmern oder an individuellen Arbeitsplätzen im Hinblick auf die Einhaltung von Grenzwerten hin zu einer möglichst umfassenden Analyse aller von einem Stoff ausgehenden Risiken für Beschäftigte. Diese Strategie hat das Ziel, Gefahrstoffe in Kategorien zusammenzufassen und für diese angemessene Maßnahmenkonzepte zu entwickeln, unabhängig davon, ob für die Stoffe Grenzwerte existieren oder nicht. Dadurch soll auch in kleineren und mittelgroßen Betrieben ohne eine aufwendige Messdatenerhebung, dafür aber mit standardisierten Strategien der Risikoanalyse der Schutz der Beschäftigten gewährleistet werden können.
In den letzten Jahren haben sich auch aufgrund der Bestimmungen der GefStoffV die Schwerpunkte der Expositionsermittlung verschoben, und zwar weg von der Einschätzung des Gefährdungspotenzials einzelner Stoffe in konkreten Situationen und der Messung bei einzelnen Arbeitnehmern oder an individuellen Arbeitsplätzen im Hinblick auf die Einhaltung von Grenzwerten hin zu einer möglichst umfassenden Analyse aller von einem Stoff ausgehenden Risiken für Beschäftigte. Diese Strategie hat das Ziel, Gefahrstoffe in Kategorien zusammenzufassen und für diese angemessene Maßnahmenkonzepte zu entwickeln, unabhängig davon, ob für die Stoffe Grenzwerte existieren oder nicht. Dadurch soll auch in kleineren und mittelgroßen Betrieben ohne eine aufwendige Messdatenerhebung, dafür aber mit standardisierten Strategien der Risikoanalyse der Schutz der Beschäftigten gewährleistet werden können.
Daneben werden immer mehr mathematische Modelle eingesetzt, um die Genauigkeit und Validität von Expositionsanalysen zu verbessern. Dazu gehören u. a. die sogenannten physikalisch-chemischen Expositionsmodelle und die auf statistischen Methoden basierenden Modelle. Alle diese genannten Methoden sollen im Folgenden ausführlicher vorgestellt werden. Dabei werden nicht nur ihre jeweiligen Charakteristika skizziert, sondern vor allem auch ihre Grenzen in Bezug auf die Exaktheit und Validität ihrer Ergebnisse.
3.1 Expertenurteile
Vorteile
Nicht nur für die erste Einschätzung einer Arbeitsplatzbelastung und zur Beantwortung der Frage, ob eine Gefährdung von Beschäftigten sicher ausgeschlossen werden kann, ist das Urteil von Experten wertvoll. Es ist im Allgemeinen eine zuverlässige Grundlage für die qualitative Beurteilung von Expositionen.
Nicht nur für die erste Einschätzung einer Arbeitsplatzbelastung und zur Beantwortung der Frage, ob eine Gefährdung von Beschäftigten sicher ausgeschlossen werden kann, ist das Urteil von Experten wertvoll. Es ist im Allgemeinen eine zuverlässige Grundlage für die qualitative Beurteilung von Expositionen.
Auch wenn es um die retrospektive Einschätzung der Expositionsrisiken in größeren schon zurückliegenden Zeiträumen geht, sind Erfahrung und Wissen von Experten von besonderer Bedeutung und oft die wichtigste Stütze für verlässliche Aussagen.
Auf der Grundlage ihrer Risikoeinschätzung können außerdem Entscheidungen über das weitere Vorgehen getroffen werden, etwa welche (quantitativen) Methoden zum Einsatz kommen sollten.
Besonders in Verbindung mit anderen Daten, etwa aus Messungen oder Literaturrecherchen, sind Expertenurteile hilfreich, da sie die Validität dieser Daten erhöhen können.
In den meisten Fällen ist heute das Fachwissen mehrerer Experten notwendig und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit sinnvoll. Denn je nach Fragestellung müssen sich Fachleute zum Beispiel mit juristischen, epidemiologischen, historischen, arbeitsmedizinischen oder pharmakologischen Aspekten auseinandersetzen.
Grenzen
Wenn jedoch möglichst genaue Zahlen etwa über Stoffkonzentrationen am Arbeitsplatz, zur Menge des inhalativ oder dermal aufgenommenen Stoffs und zur Höhe des Expositionsrisikos erforderlich sind, reichen Experteneinschätzungen nicht aus, denn es hat sich gezeigt, dass sie dafür zu ungenau sind. Die Grenzen des sinnvollen Einsatzes von Experten liegen also dort, wo quantitative Aussagen erforderlich sind. Auch dort, wo eine systematische Risikoanalyse erforderlich ist, finden Expertenurteile schnell ihre Grenzen.
Wenn jedoch möglichst genaue Zahlen etwa über Stoffkonzentrationen am Arbeitsplatz, zur Menge des inhalativ oder dermal aufgenommenen Stoffs und zur Höhe des Expositionsrisikos erforderlich sind, reichen Experteneinschätzungen nicht aus, denn es hat sich gezeigt, dass sie dafür zu ungenau sind. Die Grenzen des sinnvollen Einsatzes von Experten liegen also dort, wo quantitative Aussagen erforderlich sind. Auch dort, wo eine systematische Risikoanalyse erforderlich ist, finden Expertenurteile schnell ihre Grenzen.
3.2 Auswertung von Literaturdaten
Datenfülle und Unübersichtlichkeit
Hilfreich ist in solchen Fällen eine Auswertung von Literaturdaten, die einen Überblick über den aktuellen Kenntnis- und Forschungsstand ermöglichen. Man kann für fast jede Fragestellung zur Arbeitsplatzbelastung mit gefährlichen Stoffen im Internet oder in anderen Datenbanken sowie in Katalogen von Bibliotheken publizierte Informationen finden. Häufig ist nicht der Mangel an Daten, sondern eher deren Fülle und die damit einhergehende Unübersichtlichkeit ein Problem.
Hilfreich ist in solchen Fällen eine Auswertung von Literaturdaten, die einen Überblick über den aktuellen Kenntnis- und Forschungsstand ermöglichen. Man kann für fast jede Fragestellung zur Arbeitsplatzbelastung mit gefährlichen Stoffen im Internet oder in anderen Datenbanken sowie in Katalogen von Bibliotheken publizierte Informationen finden. Häufig ist nicht der Mangel an Daten, sondern eher deren Fülle und die damit einhergehende Unübersichtlichkeit ein Problem.