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03510 Evakuierungsübung leicht gemacht

Von der Vorbereitung bis zur Dokumentation

Dieser Beitrag soll Ihnen helfen, eine Evakuierungsübung schrittweise vorzubereiten, durchzuführen und zu protokollieren.
Neben den Grundlagen erhalten Sie auch einige Tipps und Hinweise, die bei der betrieblichen Notfallorganisation hilfreich sein können.
Arbeitshilfen:
von:

1 Einleitung

Evakuierung oder Räumung
Viele Jahre wurde darüber diskutiert, welche Begrifflichkeit die richtige sei. So wurde zwischen der „Organisierten Verlegung von Menschen und Tieren aus einem gefährdeten Gebiet mit Transport, Unterkunft und Versorgung” und dem „Angeordneten Verlassen eines Gefahrengebietes”, Letzteres als kurzfristige und räumlich eng begrenzte Maßnahme, unterschieden.
Erst seit wenigen Jahren klar definiert
Mit Veröffentlichung der VDI 4062 „Evakuierung von Personen im Gefahrenfall” im April 2016 wurde Klarheit geschaffen, und es wird nur noch zwischen einer kurzfristigen oder einer langfristigen Evakuierung unterschieden.

1.1 Gründe für eine Evakuierung

Die Gründe für eine Evakuierung sind vielfältig. Es muss nicht immer ein Vorfall im eigenen Unternehmen sein, der eine Evakuierung erforderlich macht. Auch ein Nachbarbetrieb kann als Auslösungsgrund infrage kommen. Manchmal sind es auch überregionale Ereignisse, die uns zum Handeln zwingen. Gründe für eine Evakuierung können sein:
Bombenfund
Brand/Explosion
Naturereignisse
Anschläge/Terrordrohung
Störfälle in chemischen Betrieben

1.2 Warum eine Evakuierung üben?

Nur wer übt, ist vorbereitet
Eine Evakuierung stellt eine ungeplante Betriebsunterbrechung dar, und der Unternehmer hat im Rahmen der betrieblichen Notfallvorsorge seine Mitarbeiter auf mögliche Gefahrensituationen vorzubereiten. Auch das Interesse an einer schnellen Fortführung des laufenden Betriebs nach einem Brand-, Gefahren- oder Störfall sollte ein ausschlaggebendes Argument für Evakuierungsübungen sein. Nur wenn das richtige Verhalten besprochen und geübt wird, lassen sich ein Fehlverhalten von Mitarbeitern bei der Evakuierung oder auch Betriebsausfälle infolge fehlender Strukturarbeit bei Wiederanlauf vermeiden. Der Umsatzverlust aufgrund einer Übung steht in keinem Verhältnis zu den ernsthaften Folgen einer dauerhaften Betriebsunterbrechung wegen fehlender Vorbereitung.

1.3 Wo steht das geschrieben?

Gesetze, Verordnungen, Regeln, Richtlinien
Evakuierungsübungen werden für Unternehmen durch verschiedene Gesetze, Verordnungen, Regeln, Richtlinien etc. vorgeschrieben. Dabei ist in der Rangfolge zu beobachten, dass die Informationstiefe nach jeder Hierarchieebene zunimmt (s. Abb. 1).
Abb. 1: Hierarchischer Aufbau der Gesetze und Vorschriften

1.4 Wie oft muss geübt werden?

Turnus von zwei Jahren
Dazu gibt es keine eindeutige Aussage. In der Arbeitsstättenverordnung wird unter § 4 Abs. 4 nur von „… angemessenen Zeitabständen …” gesprochen. In der DGUV 205-033 wird auf die Gefährdungsbeurteilung verwiesen und alternativ ein Turnus von zwei Jahren vorgeschlagen. Zur Absicherung sollte bei der zuständigen Brandschutzaufsicht eine Anfrage gestellt werden und deren Aussage mit der Gefährdungsbeurteilung Brandschutz zusammenfließen.

1.5 Übung mit oder ohne Ankündigung?

Pflichtunterweisung der Mitarbeiter
Wenn zum ersten Mal oder nach einer längeren Pause eine Evakuierungsübung geplant wird, sollte offen und transparent mit allen beteiligten Stellen darüber gesprochen werden. Die Führungsebenen sind auf die Pflichtunterweisung der Mitarbeiter in der Brandschutzordnung hinzuweisen. Weiter sollten im Vorfeld alle Mitarbeiter den Fluchtweg vom Arbeitsplatz bis zur Sammelstelle schon einmal abgelaufen sein. Sicherheitseinrichtungen, zum Beispiel Fluchttürwächter (s. Abb. 2) oder Nottaster (s. Abb. 3), sollten erklärt, besser noch auch einmal von einzelnen Mitarbeitern ausgelöst worden sein.
Abb. 2: Fluchttürwächter
Abb. 3: Nottaster
Beim ersten Mal mit Ansage
Tag und Uhrzeit der Alarmauslösung sollten bekanntgegeben werden, ebenso die Auslösung von Sicherheitseinrichtungen, die sich in diesem Zusammenhang aktivieren (z. B. Überdruckbelüftungen, die in Sicherheitstreppenräumen dazu führen, dass Türen sich schwerer öffnen lassen, oder Türen in Fluchtwegen, die automatisch entriegeln, damit auch Personen aus einem anderen Sicherheitsbereich den Fluchtweg nutzen können). Wenn dies bei der ersten Übung so praktiziert wird, sorgt dies für eine große Akzeptanz und die Mitarbeiter bekommen einen Einblick in das umfangreiche Aufgabenfeld des Arbeitsschutzes. Bei allen nachfolgenden Übungen kann dann wie auf den kommenden Seiten beschrieben vorgegangen werden.

2 Vorbereitung

Nicht einfach den „Knopf” drücken!
Um eine Evakuierungsübung durchzuführen, sollten vorab die Grundvoraussetzungen geprüft werden. Dabei ist der Einsatz von Checklisten hilfreich.
Die beigefügte Arbeitshilfe liefert Ihnen eine Checkliste zur Vorbereitung einer Evakuierungsübung.[ 03510_01.xlsx]

2.1 Organisatorisches

2.1.1 Brandschutzordnung Teile A+B vorhanden?

Die Brandschutzordnungen
Die Brandschutzordnungen sind ein wichtiger Baustein der betrieblichen Notfallorganisation. Es wird das richtige Verhalten in Brand- und auch anderen Gefahrenfällen vorgegeben. I.d.R. sind bereits die Punkte Alarmierung, Fluchtwege und die Lage der Sammelstelle formuliert. Auch werden schon besondere Sicherheitseinrichtungen wie Fluchttürwächter oder Notöffnungstaster beschrieben.

2.1.2 Brandschutzordnung Teil C vorhanden?

Brandschutzordnungen können von verschiedenen Stellen verlangt werden (z. B. Bauordnungsrecht oder auch Störfallverordnung). Während die Teile A+B der Brandschutzordnung für alle Mitarbeiter gelten, werden im Teil C nur die verantwortlichen Stellen und Funktionsträger mit ihren Aufgaben beschrieben. Der Teil C wird von den Aufsichtsbehörden nicht immer gefordert.

2.1.3 Sind die Brandschutzordnungen den Mitarbeitern bekannt?

Eine Brandschutzordnung funktioniert nur dann, wenn sie auch unterwiesen wird. Die Unterweisung zählt zu den Unternehmerpflichten nach § 10 ArbSchG.
Alarmplan vorhanden?
Wer macht was?
In manchen Unternehmen gibt es als Anlage zur der Brandschutzordnung einen separaten Alarmplan, in dem für weitere Szenarien die genauen Abläufe festgelegt sind. Dazu gehören auch Telefonlisten, deren Aktualität geprüft werden sollte.
Security/Gebäudedienstleister in Alarmplan eingebunden?
Aufgaben des Sicherheitsdienstes festlegen
Wenn der Sicherheitsdienst oder auch die Haustechnik im Rahmen des Alarmplans besondere Funktionen übernimmt, etwa das Leiten von Personenströmen oder das manuelle Bedienen von Anlagenteilen, sollte deren genaue Aufgabe festgelegt und auch unterwiesen sein.
Postenplan und Beschreibung vorhanden?
Aufgaben- und Postenpläne
Für die o. g. Unterweisung sollte es Aufgaben- und Postenpläne geben, mit denen die Mitarbeiter exakt angezeigt bekommen, wohin sie zu gehen haben. Die Aufgabenbeschreibung sollte sehr kurzgehalten werden. So lässt sich diese als Gedankenstütze auf Postkartenformat verkleinern und kann von den Mitarbeitern in der Jackentasche mitgeführt werden.
Business Continuity Management zu berücksichtigen?
Kritische Infrastrukturen
Es gibt Unternehmen, die im Rahmen des BCM Notfallarbeitsplätze an einem anderen Standort vorhalten. Dies soll die Handlungsfähigkeit in Gefahrensituationen bewahren. Mit den betroffenen Führungskräften muss unbedingt kommuniziert werden, dass eine Evakuierungsübung stattfindet und ob in diesem Zusammenhang auch der BCM-Fall geprobt werden soll. Dies ist dann eine eigenständige Übung und sie verläuft parallel zu der eigenen. Im zu begründenden Einzelfall kann entschieden werden, dass einzelne Schlüsselpositionen besetzt bleiben. Es empfiehlt sich, die Plätze bzw. Bereiche, die von der Übung ausgeschlossen sind, zu kennzeichnen. Dabei haben sich farbige Kartonschilder als hilfreich erwiesen, die personalisiert mit Gültigkeitsdatum, kurz vor der Übung ausgegeben werden und erst bei Ertönen des Alarms sichtbar ausgelegt oder -ausgehängt werden (s. Abb. 5). Die von der Übung ausgenommenen Personen sollten eine gesonderte Unterweisung im richtigen Verhalten bei Evakuierung erhalten.
Abb. 4: Kennzeichnung „Keine Übungsteilnahme”
Brandschutzhelfer
Selbsthilfekräfte
In jedem Betrieb muss es eine ausreichende Zahl an Brandschutzhelfern geben. Die Zahl ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung. In Bürobetrieben darf die Helferzahl mit 5 % der Belegschaft pauschal festgelegt werden, wobei unbedingt darauf zu achten ist, dass in jedem Brandabschnitt eine ausreichende Zahl an Helfern anwesend ist. Ebenfalls ist sicherzustellen, dass die Brandschutzhelfer für ihre Aufgabe regelkonform nach DGUV 205-023 geschult und auch in der aktuellen Brandschutzordnung unterwiesen wurden.

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