03152 Storytelling als Tool für den Arbeitsschutz
Kommunikation ist für den Arbeitsschutz extrem wichtig. Um die Aufmerksamkeit für sicheres Arbeiten dauerhaft hochzuhalten, müssen wir regelmäßig über Arbeitsschutz sprechen. Aber wie und worüber soll man kommunizieren, ohne die Mitarbeiter zu langweilen, zu belehren oder zu ermahnen? Mit Geschichten kommen Botschaften besser an. Sie verbinden Fakten und Emotionen und sind dazu unterhaltsam. Der Beitrag erklärt, was Storytelling ist, warum es im Arbeitsschutz hilfreich ist, wie es genau geht und wann man es einsetzen kann. von: |
1 Einleitung
Kommunikation im Arbeitsschutz ist extrem wichtig. Um die Aufmerksamkeit für sicheres Arbeiten dauerhaft hochzuhalten, müssen wir regelmäßig über Arbeitsschutz sprechen und Beschäftigte erinnern, motivieren, sensibilisieren, unterweisen, über (Beinahe-)Unfälle informieren, auf Gefahrstellen hinweisen etc. Damit erhält Arbeitsschutz erlebbar für alle die Wichtigkeit, die wir uns wünschen und erwarten. Klassische Unterweisungen und Ermahnungen mit erhobenem Zeigefinger haben sich als wenig hilfreich erwiesen.
Eine Alternative dazu ist Storytelling. Mit Storytelling erreicht man die Leute anders und erhöht deutlich die Wahrscheinlichkeit, dass die Botschaft auch umgesetzt wird. Die Botschaft kommt beim Zuhörer besser an, weil Geschichten Fakten und Emotionen verbinden. Außerdem sind Geschichten unterhaltsam, und jeder hört oder liest sie gerne.
Wenn ein schwerer Unfall passiert ist, wird diese „Geschichte” sehr schnell und automatisch im Unternehmen weitererzählt. Die Kollegen sind betroffen und überprüfen ihr eigenes Verhalten. Wenn wir präventiv handeln und Unfälle vermeiden wollen, wollen wir uns nicht auf schwere Unfälle als mahnende Geschichten verlassen. Alternativ können wir Geschichten kreieren, die die Kollegen ebenfalls emotional berühren und eine beliebige wichtige Arbeitsschutzbotschaft enthalten. Damit erreichen wir die Zuhörer ebenso, aber ohne einen schweren Unfall.
Geschichtenerzählen kann man lernen und üben. Da man auf eine gute Geschichte vom Gegenüber meist eine Geschichte zurückerzählt bekommt, kann man sie auch nutzen, um Hinweise auf Gefahrstellen zu bekommen.
Was genau Storytelling ist, warum es im Arbeitsschutz hilfreich ist, wie es genau geht und wann man es einsetzen kann, erklärt der folgende Beitrag.
2 Was versteht man unter Storytelling?
Storytelling bedeutet das Erzählen von Geschichten als Methode, um Wissen, Informationen oder Ideen zu vermitteln.
Die erzählten Geschichten können real oder erfunden sein. Die Absicht von Storytelling ist es, Inhalte möglichst eingängig, einfach und unterhaltsam zu präsentieren, damit sie beim Empfänger schnell verstanden und langfristig gespeichert werden.
Ein aktuelles Beispiel für Storytelling im Marketingkontext ist die Werbebotschaft von Nespresso. Anstatt den Kaffee und seine Eigenschaften zu beschreiben, wird in kleinen Episoden von George Clooney erzählt. Der Kaffee ist scheinbar Nebensache der Story.
Bindung zur Zielgruppe
Gutes Storytelling kann also Emotionen wecken, eine emotionale Bindung zur Zielgruppe herstellen und Treue zum Thema oder einem Produkt aufbauen. Es kann auch unglaublich effektiv sein, wenn es darum geht, das Publikum zu fesseln und Gespräche über Ihr Thema zu entfachen.
Gutes Storytelling kann also Emotionen wecken, eine emotionale Bindung zur Zielgruppe herstellen und Treue zum Thema oder einem Produkt aufbauen. Es kann auch unglaublich effektiv sein, wenn es darum geht, das Publikum zu fesseln und Gespräche über Ihr Thema zu entfachen.
Es geht darum, wie Arbeitsschutz von wirkungsvollem Storytelling profitieren kann und wie Sie das in Ihren Alltag einbauen können.
3.1 Es scheitert nicht am Wissen
Im Arbeitsschutz wollen wir meistens, dass die anderen mitmachen. Die anderen, das sind andere Führungskräfte und Beschäftigte. Wir wollen, dass sie sich an die Regeln halten, Unfälle und Beinaheunfälle melden, Risiken erkennen und beseitigen, Gefahrstellen melden, Investitionen tätigen etc.
Die Umsetzung von Arbeitsschutzregeln scheitert meistens nicht am Wissen. Die Mitarbeiter wissen, dass sie einen Handlauf benutzen sollen, wenn sie die Treppe hinuntergehen. Sie wissen auch, dass sie eine Schutzbrille tragen müssen, wenn sie mit Chemikalien arbeiten. Und dass man beim Autofahren nicht aufs Handy schauen darf, weiß auch jeder. All das sind Beispiele, bei denen die Erkenntnis, dass der Unfall auch mir passieren könnte und ich mich besser an die Regel halten sollte, häufig noch nicht vorhanden ist.
Mit Geschichten kann man Zusammenhänge klar, einfach und auf den Punkt erklären. Ein besseres Verständnis des „Warums” mancher Regeln kann helfen, dass Mitarbeiter sich auch daranhalten. Ein weiterer Aspekt ist die emotionale Komponente.
3.2 Fakten kombiniert mit Emotionen sind Anker
Erlebtes unterstützt Umsetzung
Stürzt in einem Unternehmen ein angesehener Mitarbeiter auf der Treppe oder erleben die Beschäftigten die Schmerzen und die Verzweiflung, wenn ein Kollege eine ätzende Chemikalie ins Auge bekommt, ändert sich die Bereitschaft, den Handlauf oder die Schutzbrille zu benutzen schlagartig. Dann ist es nicht mehr theoretisches Faktenwissen, dass ein Handlauf oder eine Schutzbrille hilfreich sein könnten. Zusammen mit den Emotionen des Vorfalls oder der Erzählung, wenn man den Vorfall nicht live mitbekommen hat, entstehen Bilder im Kopf. Bilder sind wie Anker im Gehirn. Unser Gehirn denkt in Bildern und kann diese schneller abrufen als Regeln und Fakten allein. Deshalb steigt die Chance, dass unser Gehirn im richtigen Moment die Botschaft sendet: „Jetzt bitte festhalten!” oder „Jetzt Schutzbrille anziehen!”
Stürzt in einem Unternehmen ein angesehener Mitarbeiter auf der Treppe oder erleben die Beschäftigten die Schmerzen und die Verzweiflung, wenn ein Kollege eine ätzende Chemikalie ins Auge bekommt, ändert sich die Bereitschaft, den Handlauf oder die Schutzbrille zu benutzen schlagartig. Dann ist es nicht mehr theoretisches Faktenwissen, dass ein Handlauf oder eine Schutzbrille hilfreich sein könnten. Zusammen mit den Emotionen des Vorfalls oder der Erzählung, wenn man den Vorfall nicht live mitbekommen hat, entstehen Bilder im Kopf. Bilder sind wie Anker im Gehirn. Unser Gehirn denkt in Bildern und kann diese schneller abrufen als Regeln und Fakten allein. Deshalb steigt die Chance, dass unser Gehirn im richtigen Moment die Botschaft sendet: „Jetzt bitte festhalten!” oder „Jetzt Schutzbrille anziehen!”
Da wir allerdings im Arbeitsschutz präventiv handeln wollen, können wir uns nicht auf abschreckende Unfälle als einzige Kommunikationsform verlassen. Mit Storytelling kreieren wir eigene Geschichten, die nach demselben Muster funktionieren. Nur kommen sie ohne Unfall aus.
Eine Geschichte als Anker hilft auch für kurze Erinnerungen. Anstatt mit erhobenem Zeigefinder das Tragen der Schutzbrille anzumahnen, reicht ein kurzer Hinweis auf eine bekannte Geschichte zum Thema. Damit ist die Botschaft wieder schnell präsent, ohne dass jemand belehrt wurde.
3.3 Geschichten werden weitererzählt
Jeder kennt das. Wenn ein schwerer Unfall passiert, weiß sofort die ganze Firma, die ganze Straße, das ganze Dorf, die ganze Familie etc. davon. Geschichten, die uns berühren, werden weitererzählt. Nach dem Motto „Hast du schon gehört …” erzählen wir, was wir Neues erfahren haben. Das funktioniert auch mit Arbeitsschutzgeschichten. Damit erreichen wir, dass über Arbeitsschutz gesprochen wird, auch wenn gerade kein Unfall passiert ist, keine Fachkraft für Arbeitssicherheit danebensteht und keine Unterweisung stattfindet.
Mündliche Info ist hilfreich
Bei persönlichen Unterweisungen ist es oft schwierig, alle Mitarbeiter unter einen Hut zu bringen. Es müssen mehrere Termine gebucht werden, und trotzdem fehlt der eine oder andere. Für rechtlich geforderte, dokumentierte Unterweisungen ist dieser Formalismus natürlich unumgänglich. Für andere Informationen, die mit Geschichten an die Belegschaft verteilt werden, kann man es etwas lockerer angehen lassen. Wenn eine Geschichte gut ist, werden die Mitarbeiter sie automatisch weitererzählen. Auch Kollegen, die beim ursprünglichen Termin nicht dabei waren, werden die Botschaft erfahren, ohne dass sie mehrmals organisiert vorgetragen wurde.
Bei persönlichen Unterweisungen ist es oft schwierig, alle Mitarbeiter unter einen Hut zu bringen. Es müssen mehrere Termine gebucht werden, und trotzdem fehlt der eine oder andere. Für rechtlich geforderte, dokumentierte Unterweisungen ist dieser Formalismus natürlich unumgänglich. Für andere Informationen, die mit Geschichten an die Belegschaft verteilt werden, kann man es etwas lockerer angehen lassen. Wenn eine Geschichte gut ist, werden die Mitarbeiter sie automatisch weitererzählen. Auch Kollegen, die beim ursprünglichen Termin nicht dabei waren, werden die Botschaft erfahren, ohne dass sie mehrmals organisiert vorgetragen wurde.
3.4 Erzähl ich dir – erzählst du mir
Die einfachste Form des Storytellings ist es, Geschichten aus seiner eigenen Erfahrung weiterzuerzählen. Aus dem Nähkästchen plaudern. Besonders alteingesessene Mitarbeiter haben da meist ein großes Repertoire an Geschichten oder Anekdoten. Von diesem Erfahrungswissen können auch die anderen profitieren. Dazu braucht es Zeit und Gelegenheiten, darüber zu erzählen. Wenn ein Kollege berichtet, wie er schon einmal (hoffentlich fast) den Arm in eine Drehmaschine bekommen hat, weil er zu weite Kleidung getragen hat, kommt die Botschaft bei den Jüngeren ganz sicher besser an, als wenn sie es als pure Regel in der Unterweisung hören. Sie verbinden das Faktenwissen über das richtige Verhalten mit Emotionen, die sie von ihrem Kollegen erfahren haben.