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03041 Inkludierte Gefährdungsbeurteilungen

Ein Grundstein für erfolgreiche Inklusion im Unternehmen

Das Integrationsamt des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) in Köln und das Institut für Arbeitsmedizin, Sicherheitstechnik und Ergonomie (ASER) haben zwischen 2015 und 2016 ein Forschungsprojekt zu speziellen Gefährdungen von Beschäftigten mit Behinderungen durchgeführt [1]. Daraus entstanden ist eine konkrete Handlungsanweisung für Arbeitgeber am Beispiel Höreinschränkungen und hörgeschädigte Mitarbeiter. Diese als „Kölner Modell” bekannt gewordene Gefährdungsbeurteilung kann auch bei Vorliegen anderer Arten der Behinderung angewendet werden und wird in diesem Beitrag näher beschrieben. Im Anschluss wird eine Gefährdungsbeurteilung speziell für Epileptiker vorgestellt, die Arbeitgebern im Rahmen des Bundesprojekts TEA (Teilhabe – Epilepsie – Arbeit) als Handlungshilfe zur Verfügung gestellt wird [2]. Am Beispiel der Bodelschwinghschen Stiftungen wird zuletzt gezeigt, wie eine gewaltpräventive Gefährdungsbeurteilung dazu beiträgt, gewaltsame Übergriffe insbesondere von psychisch beeinträchtigten Menschen auf Pflege-, Ausbildungs- und Verwaltungspersonal von Einrichtungen für Menschen mit Behinderung soweit es geht zu verhindern [3].
von:

1 Einleitung und Grundlagen

Zahl arbeitsloser Menschen mit Behinderung wächst
Laut dem aktuellen „Inklusionsbarometer Arbeit” [4] der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Instituts sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung besonders gravierend: Ende des vergangenen Jahres waren 173.709 Menschen mit Behinderung ohne Arbeit – der höchste Wert seit 2016. Die Studienergebnisse markieren eine deutliche Trendwende. Seit 2013 verbesserte sich die Arbeitsmarktsituation von Menschen mit Behinderung fast stetig. Doch allein zwischen März und April 2020 erhöhte sich die Zahl arbeitsloser Menschen mit Schwerbehinderung um mehr als 10.000. Zwar steigt die Zahl der arbeitslosen Menschen laut der Studie mit Behinderung langsamer an als die allgemeine Arbeitslosenquote – doch die negativen Folgen der Corona-Pandemie dürften für Arbeitslose mit Schwerbehinderung deutlich länger andauern [4]. Die Pandemie wirft also auch ihre Schatten auf die Beschäftigungsaussichten für Menschen mit Behinderung. Dennoch: In den vergangenen zehn Jahren hat im internationalen Vergleich eine relativ hohe Zahl von Menschen mit Behinderung den Weg auf den (ersten) Arbeitsmarkt gefunden. In nur wenigen anderen Ländern gibt es mehr Initiativen und Maßnahmen, um Menschen mit Behinderung außerhalb von WfbM auf dem ersten Arbeitsmarkt zu beschäftigen als in Deutschland. Was sind die Grundlagen dieses Erfolgs? Da ist in erster Linie die gesetzliche Ausgangslage in Deutschland zu nennen. Laut Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) dürfen Menschen mit Behinderung nicht benachteiligt werden. Dies gilt auch für Beschäftigte mit Behinderung in Unternehmen und betrifft u. a. die Bereiche Bewerbung, Chancen des beruflichen Aufstiegs, die Durchführung der Arbeitsaufgaben sowie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses [3]. Entsprechende Formulierungen sind im SGB IX zu finden (beispielsweise spezielle Regelungen zum Kündigungsschutz oder Urlaubsanspruch). In der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) sowie dem Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) sind grundsätzliche und zusätzliche Vorgaben für die behindertengerechte Arbeitsplatzgestaltung zu finden. Dazu zählen [5]:
Gesetzliche Grundlagen
Die Arbeitsumgebung muss sowohl Überforderung als auch Unterforderung der Beschäftigten vermeiden;
die Einrichtung der Geräte und Möbel darf die Beschäftigten nicht bei ihrer Arbeit beeinträchtigen;
der Arbeitsplatz ist im Einzelfall zu modifizieren, um bspw. bestehende Barrieren im Arbeitsleben zu beseitigen;
schwerbehinderte Beschäftigte haben ihren Arbeitgeber bei vorzunehmenden Anpassungen zu informieren.
Das grundlegende Instrument, um in Betrieben eine behindertengerechte Arbeitsplatzgestaltung umzusetzen, ist die Gefährdungsbeurteilung. Lange Zeit hat es für Arbeitsplätze von Menschen mit Behinderungen außerhalb von WfbM keine spezifischen Gefährdungsbeurteilungen gegeben. Das ist seit Einführung der „Inkludierten Gefährdungsbeurteilung” anders.

2 Die „Inkludierte Gefährdungsbeurteilung”: Das Kölner Modell

Menschen mit Behinderungen benötigen im Beruf häufig andere Schutzmaßnahmen als Arbeitnehmer ohne Behinderung, beispielsweise bei motorischen oder sensorischen Einschränkungen. Deshalb ist es wichtig, auch diese speziellen Gefahren, die sich durch die Behinderung ergeben, in der Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, zu bewerten und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Für diese behindertenspezifische Gefährdungsbeurteilung hat sich der Begriff „Inkludierte Gefährdungsbeurteilung” etabliert.

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