07410 Technisches Sicherheitsmanagement (TSM) aus externer Sicht
Neben internationalen Normen für Managementsysteme wie „ISO 9001” (Qualitätsmanagement), „ISO 14001” (Umweltmanagement”) oder „ISO 50001” (Energiemanagement) gibt es in Deutschland für Unternehmen im Bereich der Energieversorgung ein „Technisches Sicherheitsmanagement” (TSM).
Nach einem Vorfall, bei dem eigene Mitarbeiter, Dritte oder die Umwelt zu Schaden gekommen sind, kann gegen ein Unternehmen, bei dem sich der Vorfall ereignete oder das den Vorfall auslöste, der Vorwurf eines Organisationsverschuldens erhoben werden. Dieser Vorwurf richtet sich persönlich gegen Verantwortliche des Unternehmens und kann strafrechtliche Folgen haben. Zur Vorbeugung oder Entkräftung eines solchen Vorwurfs gilt es, eine „ordnungsgemäße” oder „sichere Organisation” nachweisen zu können. Für Unternehmen der Energieversorgung kann dies z. B. durch ein „Technisches Sicherheitsmanagement” (TSM) erfolgen.
Die Bedeutung und die Inhalte eines TSM sollen nachfolgend vorgestellt und erläutert werden. Arbeitshilfen: von: |
1 Was bedeutet „Technisches Sicherheitsmanagement” (TSM)?
„Technisches Sicherheitsmanagement” (TSM) ist als Synonym für eine „sichere Organisation in Technischen Bereichen” von Energieversorgungsunternehmen anzusehen. Für diese Bereiche der (Energie-)Versorgungsbranche gibt es z. B. ein TSM für die Sparten Gas (G), Wasser (W), Fernwärme (FW) und Strom (S) (die gewählte Aufzählungsreihenfolge ist am „Alter” des jeweiligen TSM orientiert). Es gibt also ein TSM „Gas” für die Gasversorgung, für die Wasserversorgung ein TSM „Wasser”, ein TSM „Fernwärme” für die Fernwärmeversorgung und für die Stromversorgung ein TSM „Strom”.
1.1 TSM-Zuständigkeiten
Grundlage für die genannten TSM sind Vorgaben der für die einzelnen Sparten zuständigen Verbände.
Dies sind im Einzelnen:
• | Gas/WasserDie Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches (DVGW) |
• | FernwärmeDie Arbeitsgemeinschaft für Wärme und Heizkraft (AGFW) |
• | StromDas Forum Netztechnik/Netzbetrieb (FNN) im Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) |
1.2 TSM-Rahmenvorgaben
Die grundsätzlichen Vorgaben der Verbände an ein TSM ergeben sich aus deren Regelwerken in Form von Arbeitsblättern, Richtlinien und Merkblättern. Im Fall des TSM sind dies insbesondere die Anforderungen an die spartenspezifische Unternehmensorganisation. Dies ist für:
• | GasDas Arbeitsblatt G 1000 des DVGW [1] |
• | WasserDas Arbeitsblatt W 1000 des DVGW [2] |
• | FernwärmeDas Arbeitsblatt FW 1000 der AGFW [3] |
• | StromDie Anwendungsregel S 1000 des VDN [4] |
1.3 TSM-Anerkennung
Auf der Basis der vorgenannten Rahmenanforderungen ist es für die Unternehmen möglich, deren Erfüllung von einem Externen, den Zertifizierungsgesellschaften der Verbände, überprüfen und zertifizieren zu lassen. Grundlage dieser Überprüfung sind die sogenannten „TSM-Leitfäden” der Verbände. Diese „Leitfäden” greifen die Rahmenanforderungen auf und präzisieren sie weiter. Sie sind in Frageform gehalten und bieten den Unternehmen auch die Möglichkeit einer „Selbsteinschätzung”. Unabhängig von einer möglichen Zertifizierung ist es den Unternehmen in einem ersten Schritt möglich, anhand der Fragestellungen zu erkennen, welche Anforderungen sie bezüglich einer sicheren Organisation einzuhalten haben. In Abhängigkeit von der Antwort kann abgeschätzt werden, welchen Sicherheitsstand man im Unternehmen bereits erreicht hat. Dementsprechend spielen die Selbsteinschätzungen auch im Rahmen eines Zertifizierungsverfahrens eine wichtige Rolle. Bevor die Verbände zu einem Zertifizierungsaudit vor Ort in den Unternehmen vorstellig werden, haben die zertifizierungsinteressierten Unternehmen den Verbänden vorab ihre Selbsteinschätzung auf Fragebogen-/ Leitfäden-Basis zuzustellen.
TSM-Leitfäden
Die TSM-Leitfäden bestehen aus zwei Teilen: dem „allgemeinen Teil” und dem „spartenspezifischen” Teil. Bei dem „allgemeinen Teil” handelt es sich um einen spartenübergreifenden Teil mit „allgemeingültigen” Organisationsanforderungen, die von jedem Unternehmen, unabhängig davon, in welcher Sparte es tätig ist, zu erfüllen sind. Dieser Teil umfasst derzeit ca. 180 Einzelfragen.
Die TSM-Leitfäden bestehen aus zwei Teilen: dem „allgemeinen Teil” und dem „spartenspezifischen” Teil. Bei dem „allgemeinen Teil” handelt es sich um einen spartenübergreifenden Teil mit „allgemeingültigen” Organisationsanforderungen, die von jedem Unternehmen, unabhängig davon, in welcher Sparte es tätig ist, zu erfüllen sind. Dieser Teil umfasst derzeit ca. 180 Einzelfragen.
Inhaltlich ist der „allgemeine” Teil davon geprägt, dass die für jedes Unternehmen relevanten Organisationsprinzipien einer „Sicheren Organisation” abgefragt werden. Dazu gehört neben der grundsätzlich notwendigen formalen Darstellung der Aufbauorganisation (z. B. in Form von Organigrammen, Stellen-/Funktionsbeschreibungen sowie Vertretungsregelungen) insbesondere auch die Regelung der Ablauforganisation in Form von Anweisungen.
Sparten-Spezifika
Die „spartenspezifischen” Teile (also z. B. je ein gasspezifischer, wasserspezifischer, fernwärmespezifischer und stromspezifischer Teil) zielen auf spartenbezogene Besonderheiten ab. Für den Gas-/Wasser-Teil bedeutet dies z. B., dass umfangreich und detailliert auf die über die G 1000/ W 1000 (siehe oben) hinausgehenden DVGW-Arbeitsblätter eingegangen bzw. deren Einhaltung abgefragt wird. Demgegenüber zielt der fernwärmespezifische Teil z. B. stärker auf das Thema „Arbeitssicherheit” und die in diesem Zusammenhang bestehenden berufsgenossenschaftlichen Anforderungen sowie deren Umsetzung in Form von (Arbeits-)Anweisungen ab.
Die „spartenspezifischen” Teile (also z. B. je ein gasspezifischer, wasserspezifischer, fernwärmespezifischer und stromspezifischer Teil) zielen auf spartenbezogene Besonderheiten ab. Für den Gas-/Wasser-Teil bedeutet dies z. B., dass umfangreich und detailliert auf die über die G 1000/ W 1000 (siehe oben) hinausgehenden DVGW-Arbeitsblätter eingegangen bzw. deren Einhaltung abgefragt wird. Demgegenüber zielt der fernwärmespezifische Teil z. B. stärker auf das Thema „Arbeitssicherheit” und die in diesem Zusammenhang bestehenden berufsgenossenschaftlichen Anforderungen sowie deren Umsetzung in Form von (Arbeits-)Anweisungen ab.
Die Leitfäden umfassen (je nach Sparte!) nochmals mindestens ca. 140 Einzelfragen. Je nach Sparte kommt also bei der Überprüfung eines TSM-Systems auf ein einzelnes Unternehmen die Beantwortung von deutlich über 300 (Einzel-) Fragen zu.
Rechtliche Grundlagen
Die TSM-Leitfäden spiegeln die rechtlichen Anforderungen, die an eine Organisation gestellt werden, wider, die sich aus Gesetz und Rechtsprechung ergeben. Es werden sowohl die allgemeinen Anforderungen an die Organisation (z. B. gem. Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) § 831) präzisiert als insbesondere auch die diesbezüglichen Anforderungen aus dem Umweltrecht bzw. dem Strafgesetzbuch (StGB „Straftaten gegen die Umwelt (§ 324 ff.)) sowie die gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitssicherheit einschließlich Anforderungen der Berufsgenossenschaften berücksichtigt.
Die TSM-Leitfäden spiegeln die rechtlichen Anforderungen, die an eine Organisation gestellt werden, wider, die sich aus Gesetz und Rechtsprechung ergeben. Es werden sowohl die allgemeinen Anforderungen an die Organisation (z. B. gem. Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) § 831) präzisiert als insbesondere auch die diesbezüglichen Anforderungen aus dem Umweltrecht bzw. dem Strafgesetzbuch (StGB „Straftaten gegen die Umwelt (§ 324 ff.)) sowie die gesetzlichen Vorgaben zur Arbeitssicherheit einschließlich Anforderungen der Berufsgenossenschaften berücksichtigt.
TSM-Bedeutung
Die grundlegenden Anforderungen in Form der Verbändevorgaben zur Unternehmensorganisation (G/W/FW/S 1000; siehe oben) stellen aus Sicht des Autors für die betroffenen Unternehmen den „Stand der Technik” bezüglich einer sicheren Organisation dar, den es als „quasi-gesetzliche” Vorgabe einzuhalten gilt.
Die grundlegenden Anforderungen in Form der Verbändevorgaben zur Unternehmensorganisation (G/W/FW/S 1000; siehe oben) stellen aus Sicht des Autors für die betroffenen Unternehmen den „Stand der Technik” bezüglich einer sicheren Organisation dar, den es als „quasi-gesetzliche” Vorgabe einzuhalten gilt.
Im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes [5] wird von den Behörden in den Bereichen „Elektrizität” und „Gas” ein TSM auch als Nachweis für eine „sichere Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas” anerkannt.
Darüber hinaus bilden die bereits angesprochenen Leitfäden mit ihren Fragestellungen den rechtlichen Rahmen ab, der unter Sicherheitsgesichtspunkten für die betroffenen Unternehmen verbindlich ist.
Beispiele für TSM-Forderungen
Hinsichtlich der allgemeinen Organisationsanforderungen werden im Leitfaden „allgemeiner Teil” z. B. Fragen zur Mitarbeiterqualifikation/-weiterbildung gestellt, sodass die Unternehmen darlegen können, dass sie ihrer Organisationsverantwortung bei der Mitarbeiterauswahl nachkommen. Diese Auswahlverantwortung beschränkt sich nicht auf die eigenen Mitarbeiter, sondern umfasst auch die Aufgabenübertragung auf Externe bzw. deren Einsatz im eigenen Unternehmen. Gestützt wird die Erfüllung der „Auswahlverantwortung” durch entsprechende Dokumentationsanforderungen, die einerseits die Umsetzung unterstützen, andererseits aber auch deren Nachweis dienen.
Hinsichtlich der allgemeinen Organisationsanforderungen werden im Leitfaden „allgemeiner Teil” z. B. Fragen zur Mitarbeiterqualifikation/-weiterbildung gestellt, sodass die Unternehmen darlegen können, dass sie ihrer Organisationsverantwortung bei der Mitarbeiterauswahl nachkommen. Diese Auswahlverantwortung beschränkt sich nicht auf die eigenen Mitarbeiter, sondern umfasst auch die Aufgabenübertragung auf Externe bzw. deren Einsatz im eigenen Unternehmen. Gestützt wird die Erfüllung der „Auswahlverantwortung” durch entsprechende Dokumentationsanforderungen, die einerseits die Umsetzung unterstützen, andererseits aber auch deren Nachweis dienen.
Hinsichtlich Umweltrecht und Arbeitssicherheit wird detailliert abgefragt, ob z. B. alle notwendigen Beauftragten (z. B. Umweltbeauftragte, Betriebsarzt/Fachkraft für Arbeitssicherheit oder auch Strahlenschutzbeauftragter) verbindlich schriftlich, namentlich und mit Aufgabenbeschreibung bestellt sind.
Darüber hinaus werden Themen wie Abfall/Gefahrstoffe, Brand-/Objektschutz und Erste Hilfe thematisiert.
Im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) werden auch allgemeine Sicherheitsanforderungen wie der sichere Umgang mit Arbeitsmitteln angesprochen.
TSM-Erfahrungen
Bei TSM-Einführung zeigt sich aus Sicht und Erfahrung des Autors typischerweise, dass für die Fachabteilungen insbesondere zu den Themen Fragen auftreten, die in größeren Unternehmen von Zentralbereichen vertreten werden, deren Dienstleistung von den Fachabteilungen als selbstverständlich angesehen und angenommen wird. Dementsprechend werden diese Dienstleistungen im Alltagsgeschäft von den Fachabteilungen nicht immer im Detail auf ihre Relevanz hin hinterfragt. Diesbezüglich erfolgen im Rahmen von TSM-Einführungen/-Zertifizierungsvorbereitungen teilweise erhebliche Sensibilisierungen.
Bei TSM-Einführung zeigt sich aus Sicht und Erfahrung des Autors typischerweise, dass für die Fachabteilungen insbesondere zu den Themen Fragen auftreten, die in größeren Unternehmen von Zentralbereichen vertreten werden, deren Dienstleistung von den Fachabteilungen als selbstverständlich angesehen und angenommen wird. Dementsprechend werden diese Dienstleistungen im Alltagsgeschäft von den Fachabteilungen nicht immer im Detail auf ihre Relevanz hin hinterfragt. Diesbezüglich erfolgen im Rahmen von TSM-Einführungen/-Zertifizierungsvorbereitungen teilweise erhebliche Sensibilisierungen.