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07701 Nachhaltigkeit im Arbeitsalltag aktiv gestalten

Den CO2-Fußabdruck verkleinern und den CO2-Handabdruck vergrößern

Nachhaltigkeit am Arbeitsplatz gewinnt zunehmend an Bedeutung. Doch wie können Klimaschutzmaßnahmen als Chance genutzt werden, anstatt nur als Einschränkung zu wirken? Neben der Reduktion des eigenen Fußabdrucks eröffnet dazu das Konzept des ökologischen Handabdrucks neue Perspektiven. In diesem Zusammenhang geht es um die Gestaltung förderlicher Rahmenbedingungen für Verhaltensänderungen sowie das Ausüben eines positiven Einflusses auf Umwelt und Gesellschaft. Indem Organisationen und Beschäftigte aktiv nachhaltige Strukturen mitgestalten, lassen sich langfristige Veränderungen anstoßen, die über das eigene Umfeld hinausreichen.
von:

1 Die Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen

Die Bedrohlichkeit des Klimawandels ist den meisten Menschen heutzutage bewusst, und wirksame Strategien zur Eindämmung der Erderwärmung sind längst bekannt. [1] Dennoch werden viel zu wenige Maßnahmen umgesetzt, und Klimaschutz erfolgt viel zu zögerlich. [2] Die Beschränkung der Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius, wie im Pariser Klimaabkommen von 2015 vereinbart, gilt bereits als verfehlt, und die Erderwärmung schreitet mittlerweile immer schneller voran.
Kipppunkte und ihre Folgen
Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass das Überschreiten kritischer klimatischer Schwellenwerte (Kipppunkte oder „tipping points”) in naher Zukunft immer wahrscheinlicher wird. Dies könnte sich selbst verstärkende Prozesse auslösen, die zu schwerwiegenden und in der Regel unumkehrbaren Veränderungen im Klimasystem führen. In der Folge würde der Temperaturanstieg weiter beschleunigt, und die Auswirkungen des Klimawandels würden um ein Vielfaches verstärkt.
Ein Beispiel für das Erreichen eines Kipppunkts ist das Abschmelzen des Grönländischen Eisschilds: Infolge des Abschmelzens der Eismassen sinkt die Oberfläche des Eisschilds ab und gerät in tiefere, wärmere Luftschichten, in denen das Eis noch schneller schmilzt. Dazu kommen weitere verstärkende Effekte, z. B. der durch das schwindende Eis freigelegte, nun dunkle Boden, der die Sonnenstrahlung nicht mehr reflektieren kann, sodass sich die Oberfläche noch schneller aufheizt (Albedo-Effekt).
Klimaschutz ist ein Muss
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind sich einig, dass wir uns an die aus dem Kilmawandel resultierenden Veränderungen nicht mehr werden anpassen können, dieser weiterhin ungebremst voranschreitet. Umfassender Klimaschutz ist also ein Muss.
Thema Klimawandel verliert an Präsenz
In der Medienberichterstattung hat das Thema Klimawandel in der letzten Zeit an Präsenz verloren, und auch in der öffentlichen Diskussion scheint das Thema ein Stück weit in den Hintergrund getreten zu sein. Anfang des Jahres 2024 gaben in einer repräsentativen Studie 70 % der befragten Deutschen an, dass sie besorgt über den Klimawandel sind. Das waren zwar weniger Menschen als im Jahr 2021, da waren es 78 %, aber es war weiterhin die deutliche Mehrheit. Im Vergleich dazu sorgten sich in Frankreich (82 %) und Spanien (86 %) jedoch mehr Menschen um den Klimawandel. [3] Auch in einer repräsentativen Befragung des RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung zeigte sich, dass Klimawandel und Umweltschutz 2024 – wie in den Jahren zuvor auch – als wichtigste Herausforderungen in Deutschland gesehen wurden. Allerdings hob sich der Themenkomplex nicht mehr so deutlich wie in den Vorjahren von den Problemen „wirtschaftliche Lage” sowie „Einwanderung” ab.
Trend passt nicht zu wissenschaftlichen Erkenntnissen
Dieser Trend ist auch in einer Umfrage von Infratest Dimap von Anfang 2025 zu erkennen. Darin wurden als wichtigste Themen, um die sich Politik kümmern muss, „Wirtschaft und Migration” genannt. Danach folgten die Themen „Krieg und Frieden”, „Umwelt und Klima” sowie „Soziale Ungerechtigkeit”. Diese Entwicklung steht eindeutig im Gegensatz zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen. Denn die Klimakrise schreitet schneller voran als bisher angenommen.

2 Auswirkungen auf Gesundheit und Arbeitsfähigkeit

Schon jetzt hat der Klimawandel weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit und ist laut WHO mittlerweile „die größte Gesundheitsbedrohung für die Menschheit”. Statistiken zeigen, dass auch in Deutschland der Klimawandel die Krankheitslast erhöht; das bedeutet einen Verlust von gesunden Lebensjahren und wegen vorzeitigen Todes verlorene Lebensjahre.
Hitze verursacht gesundheitliche Probleme
Die Krankheitsartenstatistik der gesetzlichen Krankenversicherung aus dem Jahr 2018 zeigt, dass die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von „Schäden durch Hitze und Sonnenlicht” (ICD-10 T67) in den letzten Jahren stetig gestiegen ist und in den Hitzejahren 2010, 2013, 2015 und 2018 besonders stark ausgeprägt war.
Analysen von Versichertendaten
Analysen des BKK-Landesverbands NORDWEST von mehr als zehn Millionen BKK-Versicherten ergaben ebenfalls, dass die Zahl der Hitzetage pro Jahr stark korreliert ist mit hitzeassoziierten Erkrankungen. Zudem belegen die Daten, dass klimasensible Erkrankungen, d. h. Krankheiten, deren Auftreten, Verlauf oder Schweregrad durch klimatische Veränderungen beeinflusst werden, in den letzten Jahren in Deutschland deutlich zugenommen haben.
Auch der DAK-Gesundheitsreport 2024 weist auf das Gesundheitsrisiko durch Hitze hin. Auswertungen der Versichertendaten zeigen, dass ca. ein Viertel der Beschäftigten sich während Hitzewellen bei der Arbeitstätigkeit stark belastet fühlt. Analysen im Längsschnitt ergaben, dass mit steigenden Temperaturen eine Zunahme von Krankschreibungen aufgrund von Kreislauferkrankungen (ICD-10 I00-I99) oder „Schäden durch Hitze und Sonnenlicht” (ICD-10 T67) einhergeht.
Hitze mindert die Arbeitsleistung
Die Auswirkungen von Hitze auf Gesundheit und Arbeitsfähigkeit haben Konsequenzen für die Produktivität. Laut dem Lancet Countdown Bericht fielen im Jahr 2023 wegen hoher Temperaturen rund 37 Millionen Arbeitsstunden in Deutschland aus – vor allem in der Bauwirtschaft. Eine reduzierte Leistungsfähigkeit von Beschäftigten während Hitzeperioden weisen auch Flouris et al. (2018) in einer breit angelegten Metaanalyse nach. [4]
Leistungsbeeinträchtigungen spiegeln sich auch in einer aktuellen Studie im Auftrag der DAK-Gesundheit (2024) wider: In einer Befragung von mehr als 7.000 Beschäftigten gab über die Hälfte an, während der letzten Hitzeperioden weniger produktiv als sonst gewesen zu sein. 42 % der Befragten klagten über Konzentrationsprobleme, und 8 % gaben an, mehr Fehler gemacht zu haben.
Hitze bedingt Arbeitsunfälle
Eine Längsschnittanalyse zum Zusammenhang von Hitzebelastung und Arbeitsunfällen in der Schweiz (Auswertungszeitraum 1996 bis 2019) ergab, dass bei Temperaturen von über 30 Grad Celsius die Zahl der Arbeitsunfälle um 7,4 % zunahm. [5] Dieser Anstieg zeigte sich sowohl in der Baubranche als auch bei Beschäftigten im Büro.
Co-Benefits – weitere positive Auswirkungen
Maßnahmen zum Klimaschutz können auch erhebliche Vorteile für die menschliche Gesundheit mit sich bringen, sogenannte Co-Benefits. Zum Beispiel werden durch die Nutzung erneuerbarer Energien anstelle fossiler Brennstoffe nicht nur Treibhausgasemissionen gesenkt, sondern es wird auch die Luftverschmutzung reduziert, wodurch das Risiko für Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen abnimmt.
Ein anderes Beispiel für die „doppelte Wirksamkeit” von Klimaschutzmaßnahmen ist eine vorwiegend pflanzenbasierte Ernährung. Sie reduziert nicht nur Umweltbelastungen durch den Futtermittelanbau und Methanemissionen, sondern auch den Ausstoß von Treibhausgasen insgesamt, da die Produktion pflanzlicher Lebensmittel deutlich klimafreundlicher ist als die Viehzucht. Als Co-Benefit fördert sie die Gesundheit, da sie das Risiko für ernährungsbedingte Krankheiten wie Adipositas und Diabetes reduziert.
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