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02222 Kulturwandel in Unternehmen

Welche Veränderungen erfordern neue Rollen und Aufgaben für die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die/den Sicherheitsbeauftragten/-in?

Zu den wichtigsten Kräften in den Betrieben, die für die Sicherheit der Belegschaften sorgen, gehören die Fachkraft für Sicherheit und die/der Sicherheitsbeauftragte/-in. Der Beitrag beschreibt und erklärt daher, warum beide Positionen so wichtig sind, um den Präventionsgedanken im Kontext der weitreichenden gesellschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Veränderungen fest im Betrieb und in der Unternehmenskultur zu verankern.
Zudem wird dargestellt, welche Themen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen werden und welche Möglichkeiten sich dabei für den Sicherheitsbeauftragten/-in und die Fachkraft für Arbeitssicherheit ergeben, um in diesen zukunftsrelevanten Bereichen noch aktiver als bislang die Arbeitssicherheit und die Gesundheit im Unternehmen mitverantwortlich zu gestalten und den „Kulturwandel” in den Unternehmen damit weiter anzutreiben.
von:

1 Einleitung und Grundlagen

Die Deregulierung der betrieblichen Arbeitssicherheit durch das Arbeitsschutzgesetz von 1996 und durch die Betriebssicherheitsverordnung von 2002 brachte den Arbeitgebern größere Freiheiten, eigene Lösungswege für eine nachhaltige Sicherheits- und Präventionskultur in ihren Unternehmen zu finden.
Mehr Selbstverantwortung im Arbeitsschutz
Der Arbeitgeber/-in kann seitdem allgemein vorgegebene Schutzziele eigenverantwortlich gestalten und umsetzen, dafür erhält sie/er einen größeren Handlungsspielraum für deren Umsetzung im eigenen Betrieb [1].

1.1 Einführung von EHS-Systemen

Dieser Paradigmenwechsel hin zu mehr Selbstverantwortung und Gestaltungsfreiheit der Unternehmen nahm in den USA seinen Anfang und wurde dort in erster Linie von den Unternehmen selbst, nur in zweiter Linie von der Politik bzw. dem Gesetzgeber ausgelöst.
US-Unternehmen nehmen Arbeitsschutz in die eigene Hand
Ein wesentlicher Bestandteil dieses strategischen Wandels in den US-Unternehmen war es (unter anderem als Ergebnis von verlorenen Zivilprozessen wegen Nachlässigkeiten beim betrieblichen Umwelt- und Gesundheitsschutz mit damit verbundenen Entschädigungen in Millionenhöhe an die Kläger), betriebsinterne Prozesse auch in den Bereichen besser steuern zu können, die (teilweise) nur indirekten Einfluss auf die Produktivität und die ökonomische Wertschöpfung haben. Mit der Einführung von EHS-Systemen (Environment-Health-Safety, Umwelt-Gesundheit-Sicherheit), auch als HSE-Systeme (Health-Security-Environment) bezeichnet, wurden integrierte Managementsysteme im Rahmen eines übergreifenden Risikomanagements etabliert, bei denen zunächst Qualitätsmanagement und Umweltschutz, später auch Gesundheitsschutz sowie Arbeitssicherheit zu wesentlichen Bestandteilen der Unternehmenskultur und Determinanten des Unternehmenserfolgs erklärt wurden [1] [2].
EHS-Systeme als ganzheitliche Managementsysteme
Bis heute haben sich diese Managementsysteme zumindest in großen und international operierenden Unternehmen weltweit durchgesetzt. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen: EHS-Systeme sorgen für eine langfristig nachhaltige Entwicklung in den Bereichen Sicherheit, Qualitätswesen, Gesundheit und Umweltschutz, im Idealfall entstehen zwischen den einzelnen Bereichen sogar Synergieeffekte. Mithilfe der Systeme gelingt es, Ressourcen zu sparen sowie die Risiken von Produkten und Arbeitsprozessen zu minimieren bzw. ganz auszuschließen. Bei allen geschäftlichen Entscheidungen werden die Auswirkungen auf Umwelt, Gesundheit und Arbeitssicherheit abgewogen. Indem der Ist-Zustand kontinuierlich mit immer wieder neu formulierten Zielvorgaben verglichen wird, ist eine permanente Erfolgskontrolle und somit das kontinuierliche Eliminieren von Fehlentwicklungen möglich. Weitere Handlungsfelder wurden in den vergangenen Jahren in EHS-Systeme integriert, allen voran die IT-Sicherheit und der Datenschutz sowie der Brandschutz [1] [2].

1.2 Auswirkungen auf die Funktion der Fachkraft für Sicherheit

Diese Systeme können aber nur erfolgreich operieren, wenn sie von hochmotivierten und sehr gut ausgebildeten Fachkräften betreut werden. Unternehmen suchen daher für diese übergreifenden Aufgaben Fachkräfte, die mit viel Fachwissen zu allen relevanten Bereichen – Umweltschutz, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, betriebliche und informationstechnologische Sicherheit – sowie umfangreichen methodischen, sozialen und kommunikativen Fähigkeiten die nachhaltige Entwicklung dieser Managementsysteme planen, umsetzen und weiterentwickeln können [2].
Neue Managementsysteme brauchen Managementqualitäten
Diese Experten/-innen müssen als „Partner auf Augenhöhe” mit der Unternehmensleitung die Entwicklung vorantreiben können, gleichzeitig aber auch in der Lage sein, die Beschäftigten auf allen Hierarchieebenen für die gesteckten Ziele zu gewinnen und zu motivieren.
Sifa als EHS-Manager
Im internationalen Kontext werden diese Fachkräfte als EHS-Manager/-innen oder HSE-Manager/-innen bezeichnet. In Deutschland hat der Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit (VDSI) alternativ den Begriff „Manager für Sicherheit, Gesundheit und Umwelt” geprägt. Im Folgenden soll die international am meisten verwendete Bezeichnung, EHS-Manager/-innen, benutzt werden. Wer aber kommt für die Besetzung dieser anspruchsvollen Position infrage? In den großen Unternehmen sind es jetzt schon die Fachkräfte für Arbeitssicherheit (im Folgenden Sifa abgekürzt), die diese Rolle übernehmen. Sie bringen die besten Voraussetzungen mit, um als Impulsgeber zu fungieren und wirkungsvoll in den Betrieben gestalten zu können, denn sie arbeiten bereits heute in vielen Fällen wie Manager/-innen in ihren Unternehmen – freilich ohne dabei aber den Handlungs- und Entscheidungsspielraum einer/eines Managers/-in zu haben! Sie sind wie Manager/-innen (vor allem) Generalisten/-innen und (mindestens in Bezug auf die Arbeitssicherheit) Spezialisten/-innen in einer Person. Dennoch wird sich ihr Aufgabenspektrum vor allem in den Großunternehmen noch beträchtlich ausweiten – die schon erwähnte IT-Sicherheit sowie der Brandschutz sind wichtige Beispiele dafür.
IT-Security und Brandschutz als neue Handlungsfelder
Damit sie auch diesen neuen Herausforderungen wirklich gewachsen sein können, benötigen sie eine konsequente Weiterbildung mit Orientierung an den oben genannten Anforderungen und Herausforderungen [2] [3].

1.3 Auswirkungen auf die Funktion des Sicherheitsbeauftragten

Neue Herausforderungen in den Unternehmen, die mit den oben genannten Hand in Hand gehen, sind es auch, die die Rolle einer/eines anderen Sicherheitsexperten/-in im Betrieb verändern werden: die der/des Sicherheitsbeauftragten/-in (SiBe) [4]. Laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) gab es 2017 in Deutschland 670.858 SiBe. In der gewerblichen Wirtschaft kam auf 80 Beschäftigte ein SiBE. Zum Vergleich: Im selben Jahr waren nur rund 74.000 Sifa und etwas weniger als 11.500 Betriebsärzte im Einsatz [4].
Bedeutung der SiBe
Diese Daten führen vor Augen, welche Bedeutung den SiBE im betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz allein schon aufgrund ihrer großen Zahl in den Unternehmen zukommt. Sie nehmen in den Unternehmen einige sehr wichtige Funktionen wahr. So sind sie unter anderem Vermittler zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten, unterstützen ihre Arbeitgeber bei der Durchführung von Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen sowie Berufskrankheiten und sind unersetzliche Ansprechpartner für die Sifa und die Betriebsärzte.
Die aktuelle Situation in den Betrieben ist aber dennoch für viele SiBE nicht befriedigend.
SiBe mit Einbindung unzufrieden
Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2012 fühlten sich etwa die Hälfte nicht gut in die Arbeitsschutzorganisation ihrer Unternehmen eingebunden, rund 80 Prozent wünschten sich eine (noch) bessere Einbindung [5].
In Hinsicht auf eine Aufwertung des SiBE und die Erweiterung seiner Tätigkeitsfelder ist vor allem eine Sache bedeutsam: In der deutschen Tradition ist er in erster Linie für die Arbeitssicherheit, weniger für den Gesundheitsschutz zuständig – auch wenn diese einseitige Priorisierung eigentlich nicht der Aufgabenbeschreibung des SiBe gemäß § 22 SGB VII entspricht. Im europäischen Ausland sieht die Situation teilweise bereits ganz anders aus [6].
SiBe mehr Kompetenz beim Thema Gesundheit
Aber auch in Deutschland wird es immer notwendiger, seine Funktion weiterzuentwickeln. Diese Entwicklung geht parallel mit der Weiterentwicklung der Rolle der Sifa hin zum „Manager für Sicherheit und Gesundheit”. Die für die Weiterentwicklung beider Funktionen ausschlaggebenden Gründe sind, wie oben schon angedeutet, teilweise sehr ähnlich. Ein besonders wichtiger Grund speziell für eine Aufwertung der Rolle des SiBe ist der demografisch bedingte Mangel an Betriebsärzten, der bereits heute Unternehmen in einigen Regionen Deutschlands vor große Probleme stellt und in naher Zukunft bundesweit negative Auswirkungen haben wird. Es ergibt sich mit der Unterstützung der Betriebsärzte ein wichtiges neues Tätigkeitsfeld im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements.

2 Die/Der Sicherheitsbeauftragte

Der SiBE wird noch stärker als es heute der Fall ist, ein aktiver Gestalter der neuen Sicherheits- und Präventivkultur in den Unternehmen werden. Diese Weiterentwicklung entspräche auch den Forderungen der DGUV Vorschrift 1 in idealer Weise, denn diese erkennt in ihnen die Akteure, die die Maßnahmen des Präventionsauftrags unterstützen und die aktiv in die Organisation des Arbeitsschutzes im Unternehmen einzubinden sind [5]. Aber warum sollte das Profil des SiBe, der sich in der betrieblichen Praxis bislang gut bewährt hat, noch einmal über- und weitergedacht werden? Im Folgenden werden die wichtigsten Trends und Themen aufgeführt, die diese Weiterentwicklung zum Beauftragten für Sicherheit und Gesundheit notwendig machen.

2.1 Die Ausgangslage: Heutige Aufgaben und Tätigkeiten

Zunächst aber: Wie sieht das Profil der/des Sicherheitsbeauftragten in der heutigen Betriebspraxis aus?
Bestellung des SiBe
Jedes Unternehmen bzw. jeder örtlich selbstständige Teil eines Unternehmens mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten muss SiBe bestellen. Allerdings bestellen in der Praxis auch viele sicherheitsbewusste Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern SiBe. Sie sind Beschäftigte eines Unternehmens und werden in Deutschland schriftlich vom Arbeitgeber/Unternehmer bestellt [5] [7].
Die ehrenamtliche Tätigkeit der SiBe erfolgt während der Arbeitszeit; ihre Arbeit ist mit dem Gehalt abgegolten.
Keine direkte Verantwortung
Sie tragen einerseits keine Verantwortung für die übertragenen Aufgaben in dieser Funktion, besitzen andererseits aber auch weder Weisungs- noch Anordnungsbefugnis. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, durch Gespräche mit den anderen Mitarbeitern auf sicherheits- und gesundheitsgerechtes Verhalten im Betrieb hinzuwirken.
Profil des SiBe
Als SiBe eigenen sich Beschäftigte, die über die für das/den jeweilige Unternehmen/Unternehmensbereich relevanten fachlichen Kenntnisse verfügen und von Kollegen und Vorgesetzten als sachkundig und erfahren geschätzt werden. Diese allgemeine Akzeptanz ist sehr wichtig; aus diesem Grund werden SiBe in zwölf EU-Ländern auch direkt durch die Belegschaft gewählt. Im Unterschied zu vielen anderen Ländern in der EU spielt in Deutschland die Dauer der Anstellung im Unternehmen für die Bestellung zumindest formell keine Rolle.
Doppelfunktion SiBe – Betriebsrat
Betriebs- und Personalrat müssen an der Bestellung stets beteiligt werden. Ein Vorschlag zur Bestellung einer bestimmten Person im Unternehmen kann außer vom Unternehmer/-in/Arbeitgeber/-in auch von der Sifa, von der/dem Betriebsarzt/-Ìrztin oder vom Betriebsrat bzw. Personalrat kommen [4].
Genaue Zahl nicht vorgegeben
Eine genaue Zahl an SiBe pro Unternehmen ist nicht vorgegeben, die DGUV Vorschrift 1 spricht lediglich von einer „erforderlichen Anzahl”. Die Unfallversicherer geben aber für ihre Branchen konkretisierende Empfehlungen.
Kriterien für Mindestzahl
Die Mindestzahl sollte die/der Unternehmer/-in anhand folgender Kriterien festlegen [6] [7]:
Der Art und Zahl der bestehenden Unfall- und Gesundheitsgefahren;
der Zahl der Beschäftigten im Unternehmen bzw. des betreffenden Unternehmensbereichs;
der räumlichen Nähe zu den Beschäftigten, d. h., sie/er sollte primär am selben Standort und im selben Unternehmensbereich tätig sein;
der zeitlichen Nähe, d h., sie/er sollte die gleiche Arbeitszeit haben wie die anderen in diesem Bereich des Unternehmens tätigen Beschäftigten;
der fachlichen Nähe, d. h., sie/er sollte fachliche Kompetenz fÏr die im betreffenden Unternehmensbereich durchgeführten Tätigkeiten haben und zu den Qualifizierungen und auch Sprachkenntnissen der in diesem Bereich Beschäftigten passen.
Aufgaben des SiBe
Die funktionsspezifische Ausbildung dauert in deutschen Unternehmen durchschnittlich zwei Tage. Eine gesetzliche Verpflichtung zu einer spezifischen Ausbildung gibt es in Deutschland wie in der Mehrzahl der anderen EU-Länder nicht (in immerhin neun EU-Ländern ist allerdings eine solche Ausbildung verpflichtend).
Zu den Aufgaben der/des Sicherheitsbeauftragten gehören zumindest [6] [7]:
die Organisation der Ersten Hilfe
die vorausschauende Planung für besondere Gefahren und Notfallmaßnahmen
die regelmäßige Unterweisung der Beschäftigten
die Bereitstellung der persönlichen Schutzausrüstungen

2.2 Neue Herausforderungen

In modernen Gesellschaften nimmt die Individualisierung immer mehr zu. Dementsprechend werden die Interessen, Wünsche, Kompetenzen und Identitäten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Gestaltung der Arbeitsprozesse und der Unternehmenskultur immer bedeutsamer [1].
Treiber für Reformen
Die Unternehmer/-innen müssen dem Individualisierungstrend verstärkt Rechnung tragen, unter anderem indem sie in den Betrieben eine größere Partizipation der Angestellten zulassen und ihre Mitarbeitenden noch intensiver als bislang als Motoren für mehr Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit einsetzen. Die Individualisierung im Zusammenspiel mit der zunehmenden Bildung und beruflichen Qualifikation der einzelnen Mitarbeitenden verstärkt bei den Beschäftigten wiederum die Forderung nach Mitsprache bei allen relevanten Unternehmensprozessen.
Transparenz und Mitbestimmung
Arbeitnehmer/-innen wollen ihre Interessen einbringen, verlangen mehr Transparenz und innerbetriebliche Demokratie. Dies gilt besonders auch für die besonders wichtigen Themen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes. Arbeitsschutzexperten/-innen sprechen vom „beteiligungsorientiertem Arbeitsschutz” und meinen damit, dass einschlägige Maßnahmen nicht mehr allein von den Führungsebenen bestimmt werden, sondern dass sie im Rahmen von allen Mitarbeitenden zugänglichen oder zumindest für sie transparenten Prozessen gemeinschaftlich geplant und umgesetzt werden.
SiBe als Moderator
Nur so kann eine von allen Beschäftigten akzeptierte Sicherheitskultur etabliert werden. Ein wichtiger Meilenstein für die Umsetzung der Beteiligung am Arbeits- und Gesundheitsschutz im Unternehmen ist zum Beispiel der Arbeitsschutzausschuss (ASA).

2.2.1 Interessenvermittlung zwischen Hierarchieebenen

Aufgrund dieser Konstellation sind die Mitarbeitenden von besonderer Bedeutung, die zwischen der Unternehmensleitung bzw. den Führungsetagen einerseits sowie den Mitarbeitenden andererseits vermitteln und moderieren können [6] [7].
Ansprechpartner für Sifa und Betriebsärzte
Dabei handelt es sich vor allem um die SiBe. Denn es gibt kaum andere Personen im Unternehmen, denen der Arbeitsalltag der Kolleginnen und Kollegen vor Ort so vertraut sind. Sie kennen die Arbeitsbedingungen aus eigener Erfahrung und können nachvollziehen, warum Beschäftigte einerseits mit bestimmten ungelösten Sicherheitsproblemen unzufrieden sind, andererseits aber Vorschriften nicht einhalten, Sicherheitsmaßnahmen umgehen oder ihre persönliche Schutzausrüstung (PSA) nicht tragen. Zudem sind sie die vorrangigen Ansprechpartner für die Sifa und die Betriebsärzte/-innen. Sie sind als wichtige Repräsentanten des modernen betrieblichen Arbeitsschutzes daher prädestiniert, um in Hinsicht auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz als Vorbild im Unternehmen aufzutreten – sie können auf den Führungsebenen für noch mehr Anstrengungen für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Sinne der Beschäftigten vorsprechen, gleichzeitig bei den Kollegen/-innen für mehr Verständnis für die Umsetzung der von der Führungsebene geplanten Maßnahmen werben. Dem SiBe kommt daher eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der Mitarbeitendenbeteiligung zu. In ihrem Handbuch zum Status quo und der Zukunft der Rolle des SiBe, „Sicherheitsbeauftragte. Beauftragte für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit” bezeichnen die Autoren die Sicherheitsbeauftragten daher als Relaisstation zwischen den unterschiedlichen Akteuren im Unternehmen [6]. Soll diese Zusammenarbeit fortgesetzt und möglichst noch verbessert werden, so die beiden Autoren, sei eine Entwicklung hin zum Beauftragten für Sicherheit und Gesundheit dringend zu empfehlen. Ansonsten entstehe eine Lücke, der Kontakt breche ab und eine erfolgreiche Mitarbeiterbeteiligung sei nicht mehr möglich.
Kontakt zu Betriebs- und Personalräten
Im Rahmen der modernen Unternehmensdemokratie mit ihrem beteiligungsorientierten Arbeits- und Gesundheitsschutz bedeutet dies auch, dass SiBe zugleich auch Interessenvertretung sind: Mit ihrer räumlichen, zeitlichen und tätigkeitsbezogenen Nähe zu den anderen Beschäftigten macht es auch aus diesem Grund Sinn, Sicherheitsbeauftragte noch viel stärker als bislang als wichtige Akteure in einem beteiligungsorientierten Arbeits- und Gesundheitsschutz zu positionieren.
Es spricht also viel dafür, dass sie über die gesetzlich verankerten Aufgaben hinaus für gute und gesunde Arbeit engagiert sind.
Hinsichtlich der Mitarbeiterbeteiligung im Unternehmen ist auch die Nähe der SiBe zu den Betriebs- und Personalräten zu beachten [6] [7]. Zum einen sind die Räte stets bei der Bestellung von SiBe beteiligt – sehr oft schlagen sie auch eine(n) geeignete(n) Kandidaten bzw. Kandidatin vor. Zum anderen sind, wie die oben zitierte Umfrage aus dem Jahr 2012 zeigte, über 20 Prozent der SiBe in „mittleren Unternehmen” auch gleichzeitig Mitglieder der Betriebs- und Personalräte. Es handelt sich dabei also um eine Doppelfunktion, die „interessante Perspektiven eröffnet” [6]. In jedem Fall können aber auch sie ihre Ziele niemals gegen starke Betriebs- bzw. Personalräte im Arbeitsschutz verwirklichen – ein guter Kontakt zu den Räten ist also für jeden SiBe ein unbedingtes Muss.
Moderierte Gefährdungsbeurteilung
Wie beteiligungsorientierter Arbeitsschutz mit einer einflussreicheren Rolle der SiBe einhergehen könnte, zeigt das Beispiel der Gefährdungsbeurteilung [5]. Die sogenannte „moderierte Gefährdungsbeurteilung” etabliert sich zunehmend als eine wirkungsvolle Methode, um in den Betrieben den Arbeits- und Gesundheitsschutz deutlich zu verbessern. Bei dieser Methode werden die Problemsicht und Lösungsideen der Mitarbeiter konsequent einbezogen. Gerade die SiBe können wichtige Hilfe liefern bei der Beurteilung von Gefährdungen in den Betrieben. Es sollte daher für Unternehmen eine Selbstverständlichkeit sein, nicht auf die Erfahrungen und Kenntnisse der SiBe zu verzichten.

2.2.2 Innerbetriebliche Demokratie und Transparenz

Das Motto für die heutige Unternehmenskommunikation heißt Kommunikation auf Augenhöhe in flachen Hierarchien. Die wichtigsten Ziele dabei sind Wissens- und Meinungstransfer, Schaffen von Transparenz und Identifikation mit dem Unternehmen [6] [7].
Kommunikationsorientierte Führung
Insbesondere Führungskräfte und andere Verantwortung tragende Beschäftigte, wie die SiBe, müssen in diesen betriebsinternen Dialog federführend einsteigen. Wie oben schon erwähnt, sind sie schon heute Relaisstationen der Kommunikation von Meinungen im Unternehmen.
Türöffner für Präventionsarbeit
Sie können dahin wirken, den Beschäftigten im Arbeitsalltag die Absichten der Unternehmensleitung oder ggf. den Verhandlungsstand mit dem Arbeitgeber bezüglich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erläutern. Mit den Führungskräften des Unternehmens wiederum können sie über die Probleme, Sorgen und Meinungen der Mitarbeiter zum Thema sprechen. Sie sind also Multiplikatoren aller Interessen und Meinungen zum Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz im Unternehmen. „Kommunikation ist daher für Sicherheitsbeauftragte alles andere als ein banales Thema: Sie ist für sie vielmehr der Türöffner und ein entscheidendes Vehikel für erfolgreiche Präventionsarbeit. SiBe müssen daher über hervorragende kommunikative Kompetenzen verfügen, um in der neuen Kommunikationskultur des Unternehmens ihre Schlüsselrolle vollständig ausfüllen zu können [6] Diese kommunikativen Herausforderungen sind nicht einfach zu meistern, SiBe müssen daher intensiver als bislang geschult werden, um auf hohem Niveau kommunizieren zu können. Aber es steht ohne Frage fest, dass SiBe die besten Voraussetzungen mitbringen, um hierarchieübergreifend Menschen im Unternehmen ansprechen und überzeugen zu können.

2.2.3 Multikulturalität und sprachliche Diversität

Laut dem OECD-Zuwanderungsranking lag Deutschland im Jahre 2015 hinter den USA auf Platz zwei der Staaten mit den höchsten Einwanderungsraten und innerhalb der Europäischen Union auf Platz 1 [2].
Unternehmen zunehmend „multikulturell
Der Zustrom ausländischer Mitarbeitenden fordert jedes Unternehmen grundlegend heraus, vor allem auf der kommunikativen Ebene. Sprachbarrieren sind nicht einfach zu überwinden. In der betrieblichen Praxis kann die Sprachbarriere schnell zu einer Vielzahl von praktischen und rechtlichen Problemen führen – zum Beispiel, wenn die Beschäftigten nicht in der Lage sind, wichtige Unterweisungen zu Sicherheitsvorkehrungen und zur richtigen Schutzkleidung zu verstehen.
Migranten/-innen bedürfen besonderer Ansprache
Zudem haben viele Migranten/-innen in ihrem Heimatland bisher keine oder nur wenig praktische Erfahrungen im Umgang mit dem Arbeitsschutz gemacht. Es sind vor allem die schlecht ausgebildeten und bildungsfernen Migranten/-innen mit geringer Sprachkenntnis, die einer speziellen Ansprache bedürfen, um sie für den Arbeitsschutz zu sensibilisieren – in Deutschland bildet aber genau diese Gruppe die Mehrheit. Gerade diese Migranten/-innen arbeiten häufig in Branchen und an Orten, an denen sie besonderen Gefährdungen ausgesetzt sind. Hinzu kommen kulturelle Probleme anderer Art: Menschen aus islamisch geprägten Gesellschaften beispielsweise haben ein ganz anderes Gesundheits- und Krankenverständnis, vor allem wenn sie aus sozial benachteiligten Schichten und Milieus stammen. Allein schon aus diesem Grund haben Beschäftigte mit derartigem Hintergrund ein ganz anderes Verhältnis zu beispielsweise Präventivuntersuchungen bzw. -maßnahmen.
SiBe mit Migrationshintergrund als Vermittler
Auch kann der SiBe wertvolle Hilfe leisten. Als Kollege/-in des fremdsprachigen Mitarbeiters, der unmittelbar mit dieser zusammenarbeitet, kann er ein ganz anderes Vertrauensverhältnis aufbauen als eine Sifa oder ein Vorgesetzter/Vorgesetzte. Vor allem aber gibt es bereits viele SiBe mit ausländischen, auch außereuropäischen Wurzeln. Als Kenner des kulturellen Hintergrunds und aufgrund ihrer Sprachkompetenz finden sie schnell einen „persönlichen Draht” zum fremdsprachigen Beschäftigten, können so Probleme der sprachlich-kulturellen Art schnell aus dem Weg räumen und die Betroffenen kultursensibel in den betrieblichen Arbeitsschutz einführen [6] [7].

2.2.4 Gesundheit und Personalpolitik

Das Thema Gesundheit ist von einem Randthema zu einem zentralen Thema des Unternehmenserfolgs geworden [6]. Das hat unter anderem mit der demografischen Entwicklung zu tun, unsere Gesellschaft wird trotz der Einwanderung von Migranten/-innen immer älter. Für Unternehmen erfordern diese Entwicklungen neue Prioritäten in der Personalpolitik. Der Gesundheitszustand der Beschäftigten ist mittlerweile zu einer der wesentlichen Voraussetzungen für den betrieblichen Erfolg geworden.
Gesundheit für Unternehmenserfolg immer wichtiger
Das gilt für die Gesundheit sowohl der heute noch jungen, als auch der schon älteren Mitarbeitenden. Allein schon aufgrund der immer größeren Bedeutung von Gesundheit und damit einhergehend gesundheitlicher Prävention ist es ein Gebot der Stunde, dass Unternehmen ihre SiBe weiterentwickeln.
Unternehmen definieren Rolle der SiBe
Im europäischen Ausland ist der SiBe vielerorts mehr als hierzulande auch für das Thema Gesundheit zuständig. Europaweit tätige Unternehmen sind daher auch die ersten, die dieses Verständnis der Rolle des SiBe auch hierzulande umsetzen. Große Unternehmen der chemischen Industrie haben so zum Beispiel diesen Entwicklungsschritt bereits vollzogen und bilden in Kooperation mit der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) seit Anfang 2013 die SiBe zu „Beauftragten für Sicherheit und Gesundheit” fort bzw. bilden entsprechend aus. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) zog in einem Modellprojekt mit einem großen Klinikbetreiber nach [6] [7].

3 Neue Handlungsfelder für den Sicherheitsbeauftragten

Was nun sind die besonders wichtigen Handlungsfelder für SiBe im Bereich der betrieblichen Gesundheit?

3.1 Arbeitsmedizin und Gesundheit

Im Zentrum eines modernen betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) steht die Prävention, im Sinne von vorausschauenden Maßnahmen zum Schutz von Gesundheit und Unversehrtheit [6] [7]. Prävention ist nicht nur Aufgabe des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, des Gesundheitsmanagements oder der Personalabteilung, sondern wird bei allen Entscheidungen, Arbeitsprozessen und der Arbeitsgestaltung berücksichtigt. Um die notwendigen gesundheitsorientierten Veränderungen im Unternehmen anzustoßen und voranzutreiben, bedarf es zunächst einmal eines für strategische Entscheidungen autorisierten Gremiums, des Aufbaus einer einschlägigen Dateninfrastruktur sowie der Entwicklung eines Kennzahlensystems. Der Umsetzungsprozess besteht aus Diagnose, Interventionsplanung, Maßnahmendurchführung sowie Evaluation. Die damit befassten Akteure/-innen müssen für diese wichtigen und teilweise schwierigen Aufgaben ausreichend qualifiziert sein, d. h., sie müssen über das erforderliche Fachwissen und Methoden- und Prozesskenntnisse verfügen. Zur Bewältigung dieser herausfordernden Aufgaben ist die Mitwirkung aller für Sicherheit und Gesundheit zuständigen Beschäftigten erforderlich. Gerade die SiBe wären wichtige Akteure, vorausgesetzt, Unternehmen sorgen durch Fortbildung dafür, dass sie sich die dafür notwendigen Kompetenzen aneignen können.
Weniger Arbeitsmediziner
Die Bedeutung gesunder Mitarbeiter in den Betrieben steigt. Präventivuntersuchungen durch den Betriebsarzt sind daher eine wichtige Grundlage des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Der steigenden Nachfrage nach betriebsärztlicher Betreuung stehen jedoch schon heute nicht genügend Ärzte/-innen mit arbeitsmedizinischer Fachkunde gegenüber. In einigen Regionen können die Betriebe deshalb bereits heute trotz intensiver Bemühungen ihrer Verpflichtung zur Bestellung eines Betriebsarztes nur sehr schwer nachkommen. Zudem ist absehbar, dass die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage in den nächsten Jahren noch deutlich wachsen wird. Zwar hat sich die Zahl der jungen Ärzte/-innen mit arbeitsmedizinischer Fachkompetenz in den vergangenen Jahren stetig erhöht. Dennoch ist klar, dass bereits kurzfristig das Gut der betriebsärztlichen Einsatzstunde gezielter eingesetzt werden muss als bisher, unter anderem deshalb, weil mit aller Wahrscheinlichkeit nicht viele der heutigen Betriebsärzte/-innen auch nach dem 65. Lebensjahr weiterarbeiten werden.
Delegationsmodelle
Was ist die Lösung? Ersetzt werden können die Betriebsärzte/-innen, da sind sich die meisten Experten/-innen einig, nicht. Stattdessen setzen diese Experten/-innen auf unterschiedliche Delegationsmodelle. So hat die Bundesärztekammer ein Muster-Fortbildungsausbildung für Medizinische Fachangestellte (MFA) für die „Arbeits-/Betriebsmedizin” erarbeitet. Absolventen/-innen dieser Ausbildung sollen damit befähigt werden, den/die Betriebsarzt/-Ìrztin umfassend zu unterstützen [3] [7]. Zur Entlastung und Unterstützung bietet sich aber auch der SiBe in geradezu idealer Form an. Zunächst einmal rein rechnerisch: In Deutschland kommen auf eine(n) Arzt/Ørztin mit der entsprechenden Ausbildung je nach Statistik zwischen 50 und 100 innerbetriebliche SiBe [6]. Sehr oft bringt ein SiBe schon gute medizinische Grundkenntnisse mit, denn insbesondere in Klein- und Kleinstbetrieben füllen sie in Personalunion auch die Funktion des/der Ersthelfers/-in (Erste Hilfe) aus – in Kleinstbetrieben sogar über 60 zu Prozent [6] [7]. Mit diesen medizinischen Grundkenntnissen ausgestattet, können sie bei der arbeitsmedizinischen Beratung eingesetzt werden, bei der die Beschäftigten über die Wechselwirkungen zwischen ihrer Arbeit und ihrer Gesundheit aufgeklärt werden. Diese arbeitsmedizinischen Unterweisungen müssen nicht zwingend von Ärzten/-innen durchgeführt werden, solange sichergestellt ist, dass die unterweisende Person in der Lage ist, die erforderlichen medizinischen Informationen zu vermitteln.
SiBe hat gute medizinische Grundkenntnisse
Aufgrund des Charakters der heutigen betrieblichen Angebotsvorsorgeuntersuchungen (nicht der Pflichtvorsorgeuntersuchungen!) wäre es weiterhin auch eine Überlegung wert, die SiBe auch im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen mit Assistenzaufgaben zu betrauen [6] [7]. Denn die Angebotsvorsorgeuntersuchung besteht zunächst einmal nicht aus einer körperlichen Untersuchung, sondern lediglich aus einer Beratung unter anderem über Verhütung und Folgen arbeitsbedingter Erkrankungen oder bezüglich einer wirksamen berufsspezifischen persönlichen Schutzausrüstung, unter Umständen auch aus dem Angebot einer Schutzimpfung. Weiterführende Untersuchungen (körperliche Untersuchung, technische Untersuchungen wie Blutuntersuchungen) werden, sofern zur Beurteilung nötig, dem Beschäftigten im Rahmen der Voruntersuchung erst einmal nur angeboten.
SiBe könnte Unterweisungen durchführen
Erst bei dieser weiterführenden Untersuchung müssten Betriebsärzte/-innen bzw. arbeitsmedizinisch ausgebildete Fachkräfte eingesetzt werden. Mit anderen Worten: SiBe könnte man schnell mittels entsprechender Schulungen zu Hilfspersonal für Betriebsärzte/-innen fortbilden, die diese wirksam zum Beispiel im Rahmen der arbeitsmedizinischen Beratung und Vorsorgeuntersuchungen unterstützen können. [6] [8].

3.2 Psychische Belastungen und Erkrankungen

Die Zahl der Arbeitnehmer/-innen, die wegen psychischer Leiden und Verhaltensstörungen ausfallen, hat sich seit 2007 mehr als verdoppelt. So fielen im Jahr 2007 wegen seelischer Erkrankungen in deutschen Unternehmen 48 Millionen Arbeitstage aus, 2017 waren es bereits 107 Millionen [6].
Psychische Erkrankungen immer häufiger
Auch bei psychischen Belastungen und daraus resultierenden Erkrankungen muss der fachliche Umgang damit vorrangig in den Händen der Betriebsärzte/-innen liegen. Dennoch könnte auch in diesem Bereich ein neues Tätigkeitsfeld für die SiBe liegen: Aufgrund ihres persönlichen Vertrauensverhältnisses zu den Kollegen/-innen können sie diese Themen direkter und unkomplizierter ansprechen als zum Beispiel die Betriebsärzte/-innen oder die Vorgesetzten. Bei diesen Gesprächen könnten sie zum Beispiel auf diesbezügliche Angebote des betrieblichen Gesundheitsmanagements hinweisen. Da sie immer vor Ort sind, sind sie zudem in der Lage, Ursachen für psychische Gefährdungen an den Arbeitsplätzen frühzeitig zu erkennen.
SiBe als Vertrauensperson
Sie können dank des engen Kontakts betroffene Kollegen/-innen weiterhin darin unterstützen und fördern, ihre beruflichen Aufgaben und auch ihr privates Leben so zu gestalten, dass sie arbeitsfähig und gesund sind und sich wohl fühlen. Und nicht zuletzt nehmen sie durch ihre Kommunikation und durch ihr Verhalten direkt und indirekt Einfluss auf das Wohlbefinden und die Gesundheit, auf die Motivation und Arbeitszufriedenheit sowie auf krankheitsbedingte Fehlzeiten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter [6] [7].
So können SiBe in das Betriebliche Gesundheitsmanagement einbezogen werden
Es gibt viele Möglichkeiten, die SiBe besser in den Betrieb einzubinden. Sie könnten zum Beispiel an folgenden Projekten und Themen mitwirken [7]:
Gefährdungsbeurteilung unter besonderer Berücksichtigung von Gesundheitsaspekten – SiBe können aus ihrer alltäglichen Kommunikation mit Kolleginnen und Kollegen wertvolle Impulse beisteuern.
Gefährdungsbeurteilung psychosozialer Faktoren – auf diesem Gebiet ist die Erfahrung der SiBe hilfreich, so zum Beispiel bei der ersten Ermittlung von Problemen.
Multiplikatorfunktion für mögliche Bewältigungsstrategien bei psychischen Belastungen – SiBe sind wegen ihrer Expertise zum Thema Sicherheit in ihren Unternehmen bereits bekannt. Sie haben insofern großes Potenzial, auch bei der Gesundheitsprävention und -aufklärung erfolgreich mitzuwirken.
Mitarbeiterbefragungen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung – dazu ist Vertrauen zur Person eine der wichtigsten Voraussetzungen. Ein guter SiBe genießt dieses Vertrauen. Er kann deshalb Probleme auf gesundheitliche Fragen übertragen.
Gesundheitszirkel zum direkten Austausch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über gesundheitliche Belastungen am Arbeitsplatz – SiBe sind prädestiniert dafür, die Sitzungen zu moderieren.
Erarbeitung von Gesundheitsberichten – die weitreichende Kenntnis der SiBe über die Betriebsabläufe erleichtert die Zusammenstellung.
Einbeziehung altersabhängiger Faktoren menschlicher Leistungsfähigkeit vor dem Hintergrund des demografischen Wandels – der SiBe kann sich zum Beispiel für die ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen einsetzen.
Berufseinsteiger/-innen für Sicherheits- und gesundheitsrelevante Themen bei der Arbeit sensibilisieren – SiBe genießen Respekt. Sie sind folglich besonders geeignet, bei jungen oder frisch eingestellten Beschäftigten Aufmerksamkeit für sicherheits- und gesundheitsrelevante Themen zu wecken.

4 Die Fachkraft für Arbeitssicherheit

Sifa haben sich in den vergangenen 20 Jahren von betrieblichen Vollstreckern der Arbeitsschutzvorschriften zu lösungsorientierten und ganzheitlich denkenden Managern/-innen, gewandelt, die Ziele der Arbeitssicherheit, des Gesundheits- und Umweltschutzes und teilweise auch schon der betrieblichen Sicherheit mit den wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens in Einklang zu bringen versuchen. Dabei werfen sie wie ein/e Manager/-in auch ganzheitlich orientierte, aber gleichzeitig betriebsspezifische Lösungswege und Zielvorstellungen, mit denen sie die Verantwortlichen und Entscheidungsträger im Unternehmen überzeugen wollen. Aber diese neue Managerrolle beschränkt sich nicht auf große Unternehmen, wenn auch der Großteil der Personen mit dieser Berufsbezeichnung zu finden ist. Auch im Mittelstand entwickelt sich die Sifa immer öfter zur/zum Generalisten/-in für den Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz im Betrieb, auch wenn sich die Bezeichnung EHS-Manager/-in bislang nur selten durchgesetzt hat und in vielen Betrieben noch immer das alte Verständnis von den Aufgaben und der Rolle einer Sifa dominiert [3].
Entwicklung zum Generalisten/-in für Umwelt, Sicherheit und Gesundheit Gesundheit
Dennoch ist feststellbar, dass sich das Aufgabenspektrum der im Mittelstand tätigen Sifa ebenfalls immer mehr dem Profil der EHS-Manager/-in annähert, da sie oft alleinige betriebliche Ansprechpartner/-in zu allen Fragen rund um Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz sind. Sie wachsen automatisch in eine Managerrolle hinein, da es in vielen kleinen und nicht selten auch mittelgroßen Betrieben keine weiteren Fachleute speziell für Gesundheit und Umweltschutz gibt.
DGUV Vorschrift 2
Die DGUV Vorschrift 2 „Unfallverhütungsvorschrift. Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit” weist der Sifa im Kontext der gesetzlichen Deregulierung ebenfalls implizit eine „Managerrolle” zu, die die Sifa teilweise schon jetzt, ganz sicher aber bereits in der nahen Zukunft vielerorts haben wird [3]. Aber wie und wo ist das „neue Managerdenken” der Sifa in der betrieblichen Praxis besonders gefragt? Im Folgenden werden einige der wichtigsten Bereiche vorgestellt.

4.1 Betriebswirtschaftliche Aspekte

Die Arbeit der Sifa ist auch eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte, denn sie erbringen einen maßgeblichen Teil der Präventionsleistungen im Unternehmen.
Unfallstatistiken immer positiver
Die Ergebnisse ihrer Arbeit belegen die Arbeitsunfallstatistiken: Im Zeitraum 1994 bis 2019 ist die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle kontinuierlich gesunken. 2019 wurde ein neuer Rekord mit „nur” rund 872.000 Unfällen verzeichnet [9]. Zwar entstehen den Unternehmen durch Unfälle und Krankheit immer noch große Verluste. Mit einer durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeit von 17,4 Tagen je Arbeitnehmer/-in ergaben sich so im Jahr 2018 insgesamt 708,3 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage. Ausgehend von diesem Arbeitsunfähigkeitsvolumen schätzte die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) die volkswirtschaftlichen Produktionsausfälle auf insgesamt 85 Milliarden Euro bzw. den Ausfall an Bruttowertschöpfung auf 145 Milliarden Euro [10]. Das sind zwar immer noch gewaltige Kosten. Dennoch: Die im Vergleich zu den früheren Jahren rapide sinkenden Ereigniszahlen der angezeigten Unfälle bedeuten für die Unternehmen grundsätzlich:
weniger Ausfallzeiten infolge Fehlens des Verunfallten,
weniger Kosten für den Ersatz des verunfallten Beschäftigten,
weniger Kosten durch Produktionsausfall bzw. dessen Folgen,
Beitragsstabilität bis hin zu Beitragssenkungen in der gesetzlichen Unfallversicherung,
und weniger Schäden für das Unternehmensimage und damit für den Verkaufserfolg.
Mit anderen Worten: Fehlende Investitionen in Sicherheit und Gesundheit von Arbeitnehmern kosten viel Geld. Es liegt also vor allem an der Sicherheitsexpertin im Unternehmen schlechthin, der Sifa, mit Kreativität und Beratungsqualität dem Unternehmen zu helfen, betriebliche Prozesse zu optimieren und so die Präventionsrendite zu erhöhen.
Denn schlechte Arbeitsbedingungen wirken sich nicht nur negativ auf die Gesundheit der Mitarbeitenden aus. Beispielsweise haben Studien gezeigt, dass – neben den Gesundheitsbelastungen für die Augen – eine schlechte Beleuchtung auch direkt Fehler bei der Arbeit verursachte (z. B. Tippfehler).
Auswirkungen für Unternehmen
Dadurch entstehende vermeidbare Kosten schmälern den Erfolg des Unternehmens. Zu nennen sind auch die vielen kleinen Betriebsstörungen, Unterbrechungen, Beinaheunfälle und Bagatellverletzungen. Ein Beispiel: Wie viel Arbeitszeit geht verloren, bis ein Pflaster für die Bagatellverletzung abgeschnitten wurde? Auch wenn der einzelne Sachschaden, die kurze Unterbrechung oder die Bagatellverletzung – verglichen mit dem schweren meldepflichtigen Unfall – sicherlich nur geringe Kosten verursacht, durch die Masse der Einzelereignisse kommt ein hoher Betrag zusammen. Auch ist die Sifa mit ihren genauen Kenntnissen der Arbeitssituation im Unternehmen und ihrer Vernetzung in allen Bereichen und Betrieben des Unternehmens prädestiniert, um auch diese Betriebsstörungen richtig zu analysieren und daraus effektive Lösungen zu erarbeiten.

4.2 Unternehmensplanung

Im Gegensatz zur korrektiven Arbeitsgestaltung, die ein kostenaufwendiges Nachbessern am bereits fertig gestellten Arbeitsplatz bedeutet, hilft eine Einbindung der Sifa in die Planung, Kosten zu reduzieren [2] [11]. Denn erst mit der Einbindung der Sifa werden die Arbeitssicherheit und der Gesundheitsschutz in die Planung ausreichend genug integriert.
Gesundheit muss in Planung berücksichtigt werden
Um strategische Fehleinschätzungen aufgrund der Ausblendung der Bereiche Arbeitssicherheit/Gesundheitsschutz zu vermeiden, sollte das Wissen und Können der Sifa schon in das früheste Stadium eines Projekts, der Planung, eingebunden werden. Die Berücksichtigung von Arbeitsschutzbelangen im Nachhinein oder in einem späten Stadium der Entwicklungsphase wird nicht nur aufwendige Änderungen mit sich bringen. Es kann auch sein, dass ein großer Teil der Detailkonzeption überflüssig geworden ist und komplett neu erarbeitet werden muss. Das bedeutet nicht nur Mehrkosten, auch gravierende zeitliche Verzögerungen sind möglich. Die Sifa hat in ihrer Ausbildung die systematische Analyse von Arbeitsprozessen unter dem Aspekt der Gesundheit der Mitarbeiter gelernt. Mit diesem strategischen Rüstzeug ausgestattet, lässt sie sich hervorragend in den Planungsprozess einbinden.
Mit Planung Gesundheit optimieren
Die Einbindung der Sifa würde das Prozessmanagement in vielerlei Hinsicht optimieren, das spätere Gefährdungsniveau minimieren und als Arbeitsroutine in die Konzeptionserstellung einfließen. Durch sie erhält das Projetteam zuverlässige und rechtsverbindliche Informationen beispielsweise [2]:
zu Sicherheitsabständen,
zur freien Bewegungsfläche am Arbeitsplatz,
zu Sicherheitsschaltungen,
zu Transportmitteln wie Kran, Flurförderzeuge, Transportbänder,
zur Belüftung und Klimatisierung,
zur Erforderlichkeit von Bereitschafts- und Pausenräumen,
zur Lärmentwicklung,
zur Abgrenzung von Arbeits- und Verkehrsflächen.
Brandschutz und Ergonomie
Der Brandschutz kann bei frühzeitiger Berücksichtigung durch die Sifa in einer Art und Weise integriert werden, dass dafür keine weiteren (kostspieligen) baulichen Besonderheiten notwendig sind. Auch für das ergonomische Konzept, beispielsweise ob Hub- und Kipptische für eine optimale Arbeitshaltung benötigt werden oder wie optimale Lichtverhältnisse am Arbeitsplatz zu gewährleisten sind, kann die Sifa bei frühzeitiger Einbindung rechtzeitig die richtigen Weichenstellungen vornehmen [2] [3].

4.3 Rechtskonformität

Mit inkrafttreten der Betriebssicherheitsverordnung im Jahr 2002 wurde im deutschen Arbeitsschutz ein Paradigmenwechsel eingeläutet. In den gesetzlichen Bestimmungen werden seitdem vorzugsweise lediglich Schutzziele definiert, die der/die Arbeitgeber/-in bzw. das Unternehmen erfüllen müssen. Für den/die Arbeitgeber/-in und die anderen Führungskräfte ergibt sich daraus mehr Eigenverantwortung, aber auch mehr Freiheit zur Selbstgestaltung. Zugleich steigt das Risiko, in den Gefährdungsbeurteilungen Fehlanalysen zu begehen oder Maßnahmen einzuleiten, die fachlich und rechtlich nicht tragfähig sind.
Gefährdungsbeurteilungen rechtssicher machen
Um dieser Vielfalt von zusätzlichen Aufgaben und Verantwortungen in der veränderten Sichtweise des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gerecht zu werden, ist die Rolle der Sifa immer wichtiger geworden. Sie können mit ihrem Wissen den Arbeitgeber und die Führungskräfte auch hinsichtlich der Rechtslage bestens beraten und dafür sorgen, die Schutzmaßnahmen im Betrieb rechtssicher zu machen [1] [2] [11].

4.4 Öffentliches Image und Kundenzufriedenheit

Mitarbeitende eines Unternehmens sind Multiplikatoren: Sie berichten im Freundes- und Bekanntenkreis über ihre Erfahrungen mit ihrem Arbeitgeber. Jede positive Äußerung eines Mitarbeitenden über seinen Arbeitgeber/-in wirkt sich daher positiv auf das jeweilige Unternehmensimage aus. Erfahrungen zeigen immer wieder, dass einer deutlichen Mehrheit der Mitarbeiter/-innen hohe Arbeitsschutzstandards wichtig sind [2].
Gesundheit als Imagefaktor
Ein positives Unternehmensimage ist ein groÞer Anreiz für qualifizierte Arbeitnehmer, sich zu bewerben. Ein hoher Standard von Sicherheit und Gesundheitsschutz ist zudem ein wichtiger Faktor für Zuverlässigkeit und Liefertreue, vor dem Hintergrund einer „Just-in-Time”-Produktion sogar die entscheidende Frage. Durch einen hohen Sicherheitsstandard und daraus resultierende niedrige Unfall- und Arbeitsunfähigkeitszahlen wird die Lieferzuverlässigkeit deutlich erhöht, wodurch wiederum die Zufriedenheit der Kunden steigt. Dies alles ist wiederum die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sind also wichtige „weiche” Faktoren für das Image eines Unternehmens in der Öffentlichkeit. Auch dafür ist die Sifa in entscheidender Weise mitverantwortlich: Sie kann wirksam zu einem positiven Unternehmensimage beitragen, indem sie sich kompetent dafür einsetzt, dass Sicherheit und Gesundheitsschutz im Betrieb auf einem hohen Niveau realisiert werden. Dies setzt aber voraus, dass der/die Arbeitgeber/-in der Sifa ausreichend Handlungsspielraum gibt. Daher: Der Erfolgsfaktor Image ist nicht zu unterschätzen. Die Sifa spielt dabei eine Schlüsselrolle.

4.5 Alters- und alternsgerechte Arbeit

In Deutschland wird sich das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Alt und Jung erheblich verschieben. Nach einer Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes wird im Jahr 2050 die Hälfte der Bevölkerung älter als 48 Jahre und ein Drittel 60 Jahre oder älter sein [2] [3]. Die Veränderungen sind aber schon heute deutlich spürbar. Hinzu kommt, dass die Menschen aufgrund der finanziellen Situation des deutschen Sozialsystems künftig länger als bis zum 65. Lebensjahr arbeiten müssen.
Arbeitsbedingungen für Altersgruppen schaffen
Ungesunde Arbeitsplätze von heute werden morgen mit einem Mangel an qualifizierten Mitarbeitern bezahlt. Die Unternehmen, die auch künftig noch wettbewerbsfähig sein wollen, müssen sich heute auf die künftigen Altersstrukturen einstellen. Um die demografische Entwicklung in Deutschland zu kompensieren, müssen Arbeitgeber/-innen heute schon gesunde und leistungsfördernde Arbeitsbedingungen schaffen. Die Arbeitsumwelt und das Arbeitsumfeld müssen dabei an die Menschen angepasst werden und nicht umgekehrt. In der Frage, wie die Arbeitsumwelt und das Arbeitsumfeld an die Menschen angepasst werden können, sind Sifa die Spezialisten. Sie haben die Ausbildung, die sie in die Lage versetzt, Arbeitsbedingungen zu analysieren, daraus Schlüsse zu ziehen und sie in der Folge zu verbessern. Sifa haben nicht nur fachliches Spezialwissen zur Beurteilung der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung der zu erledigenden Arbeitsaufgaben. Sie verfügen auch über die notwendigen Detailkenntnisse über das Unternehmen. Durch ihre Beratung stellen sie sicher, dass Mitarbeitende auch im fortgeschrittenen Alter noch leistungsfähig sind und altersgerecht effektiv zum Unternehmenserfolg beitragen können [2] [3] [11].

5 Fazit und Ausblick

Die Themen Sicherheit und Gesundheit haben in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung für Unternehmen gewonnen. Die Entwicklung des Jahres 2020 könnte diesen Trend nun weiter verstärken. Denn wie nie zuvor seit dem letzten Weltkrieg hat das Thema Gesundheit aufgrund der Pandemie auch die Wirtschaftswelt dominiert.
Pandemie als Impetus für verstärktes Gesundheitsmanagement
Führt dies in der „Post-Corona-Ära” nun sogar zu einer weiteren Aufwertung der betrieblichen Gesundheits-/Sicherheits- und Präventivkultur und damit indirekt auch zu einer (weiteren) Rollenstärkung und einem zusätzlichen Imagegewinn sowohl für die SiBe als auch für die Sifa bzw. den/die EHS-Manager/-in?
Zumindest gibt es in Hinsicht auf die Sifa bzw. den EHS-Manager/-in tatsächlich schon erste konkrete Hinweise, dass dies so sein könnte [2].
Umfrage unter EHS-Managern
Ein Beispiel: Die Wuppertaler Kommunikationsagentur Unopop Gesellschaft führte Mitte 2020 eine Umfrage unter EHS-Managern/-innen in größeren deutschen Unternehmen durch. Sie fragte die Sicherheitsexperten/-innen nach den Lehren, die aus der Coronakrise im jeweiligen Unternehmen gezogen wurden und ob und wie die Pandemie die Rolle und das Image der EHS-Manager/-innen in ihren Unternehmen verändert habe. Dabei zeigte sich, dass die für die Umfrage ausgewählten Unternehmen hinsichtlich ihrer Haltungen grob in zwei Kategorien eingeteilt werden konnten, wobei kein Unternehmen ein vollständiges „Weiter so” propagierte und die Krise lediglich als lästiges Intermezzo ohne Folgewirkung begriff.
Unternehmen reagieren unterschiedlich
Selbst die Betriebe, in denen die Arbeitsprozesse durch die Pandemie nicht besonders beeinträchtigt wurden, beschlossen Vorkehrungen für weitere Pandemiewellen und zukünftige Pandemien. Diese Unternehmen führten zum Beispiel als neue Standards Arbeitsplatz- und Wegeleitsysteme mit grafisch verständlichen Botschaften oder sensorischen Elementen ein oder platzierten animierende sprachübergreifende Plakate und Screens in den Betrieben, um auf neue Hygienerichtlinien hinzuweisen.
Resilienz wichtiger Erfolgsfaktor
Die zweite Gruppe von Unternehmen überdenkt die Unternehmensphilosophie und -strategie auf der Basis der während der Coronakrise gemachten Erfahrungen noch weiter und will in diesem Zusammenhang die „Resilienz” (Widerstandskraft bzw. Widerstandsfähigkeit) des Unternehmens in allen Bereichen weiter ausbauen, um es „krisenfester” zu machen. Diese Firmen etablieren neue Arbeits- und Steuerungsprozesse und entwickeln Programme wie das „gesundheitsorientierte Führen” weiter. Ein Nebeneffekt dabei ist, dass das Ansehen der EHS-Verantwortlichen in diesen Unternehmen parallel deutlich gestiegen ist.
EHS-Manager als Teilnehmer von „Krisenteams”
In dieser Kategorie von Unternehmen schließlich entstehen teilweise sogar ganz neue Organisationsformen, interdisziplinäre Leitstellen und neue Vernetzungen innerhalb des Unternehmens, die die Gesundheit der Mitarbeitenden und damit die Handlungsfähigkeit der Produktionsabläufe in Krisenzeiten sichern sollen. Viele der befragten Unternehmen entsenden in erster Linie ihre EHS-Manager/-innen als Verantwortliche in diese Krisenteams.
Rolle von Sifa und SiBe
Vor diesem Hintergrund scheint die Rolle des/der EHS-Managers/-in immer wichtiger zu werden. Sifa bzw. EHS-Manager/-innen, aber auch die SiBe sollten diese Krise als Chance begreifen, um als primäre Impulsgeber sowie durch die Festigung und Ausweitung ihrer Rolle die Sicherheits-, Gesundheits- und Präventionskultur in den Unternehmen weiter engagiert und kompetent voranzutreiben [2].

Quellen

1
Frank Ritz: Betriebliches Sicherheitsmanagement. Entwicklung und Aufbau widerstandsfähiger Arbeitssysteme, 2015.
2
Hensiek, Joerg: Von der Sifa zum EHS-Manager. [www-Dokument; verfügbar unter: https://products.haufe.de ; abgerufen am 09.04.2021]
3
Hensiek, Joerg: Die „neue” Sifa. Betriebliches Gesundheitsmanagement muss gelebt werden. Interview mit Dr. Rainer von Kiparski, in: Der Sicherheitsingenieur, 12/2016.
4
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV): Sicherheitsbeauftragte, DGUV Information 211-042, 2017.
5
Siegmann, Silvester; Rollenbild und Tätigkeitsspektrum der Sicherheitsbeauftragten. Ergebnisse einer Befragung im Jahr 2012, in: DGUV Forum 4 /2013.
6
von Kiparski, Rainer, Siegmann, Silvester: Sicherheitsbeauftragte. Beauftragte für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, Dr. Curt Haefner-Verlag GmbH, 2017.
7
Hensiek, Joerg: Setzen Sie Ihren Sicherheitsbeauftragten optimal ein. [www-Dokument; verfügbar unter: https://products.haufe.de ; abgerufen am 10.04.2021]
8
Kliemt, Gundolf, Voullaire, Ellen: Tätigkeitsspektrum und Rollenverständnis von Betriebsärzten in Deutschland. Ergebnis einer bundesweiten Befragung, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2003.
9
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua): Volkswirtschaftliche Kosten durch Arbeitsunfähigkeit 2019. [www-Dokument; verfügbar unter: www.baua.deDE/Themen/Arbeitswelt-und-Arbeitsschutz-im-Wandel/Arbeitsweltberichterstattung/Kosten-der-AU/pdf/Kosten-2019.pdf, abgerufen am 12.04.2021]
10
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua): Die Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit an Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen. [www-Dokument; verfügbar unter: www.baua.deDE/Themen/Arbeitswelt-und-Arbeitsschutz-im-Wandel/Organisation-des-Arbeitsschutzes; abgerufen am 12.04.2021]
11
Wittmann, Andreas, Hamacher, Werner, Kloth, Michael: Neu als Fachkraft für Arbeitssicherheit. So starten Sie erfolgreich in Ihre neue Aufgabe, ecomed 2015.
 

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